Kinder aus der Armut holen

Neuköllner Bundestagsabgeordneter Andreas Audretsch über die Kindergrundsicherung

37,9 Prozent der Neuköllner Kinder und Jugendlichen unter 18 Jahren leben in Familien, die Sozialleistungen beziehen. Kinder und Jugendliche, die in Armut aufwachsen, können nicht gleichberechtigt am gesellschaftlichen Leben teilhaben. Eine neue Winterjacke, passende Fußballschuhe oder der Kinobesuch: Dinge, die für alle selbstverständlich sein sollten, sind es für viele Neuköllner*innen nicht.

Schlechte Startchancen prägen viele Menschen ein Leben lang: Der Bildungserfolg hängt in Deutschland viel zu sehr vom Geldbeutel der Eltern ab – Aufstieg durch Bildung ist nur schwer erreichbar. Deshalb ist die Kindergrundsicherung gerade für Neukölln ein wichtiger Schritt für eine gerechtere Gesellschaft.

Im Bundestag arbeiten wir derzeit an der Kindergrundsicherung. Ab 2025 soll sie kommen. Dann ist Schluss mit Leistungswirrwarr und für Eltern gibt es nur noch eine Stelle: den Familienservice. Dieser zahlt den Garantiebetrag (das heutige Kindergeld — für alle Kinder in gleicher Höhe) sowie den Zusatzbetrag aus. Die Höhe des Zusatzbetrags ist abhängig vom Einkommen der Eltern. Während bisher viele Eltern mit wenig Einkommen nicht wissen, dass sie Anspruch auf zusätzliche Leistungen vom Staat haben, wird sie zukünftig ein Kindergrundsicherungs-Check darauf hinweisen. Aus einer Holschuld der Bürger*innen machen wir so eine Bringschuld des Staates. So wird garantiert, dass alle Familien die Leistungen bekommen, die ihnen zustehen.

Neben einer einfacheren Antragstellung wird es aber auch Leistungsverbesserungen geben — denn gegen Armut hilft vor allem Geld. Die Summe aus Garantiebetrag und Zusatzbetrag wird höher ausfallen als derzeit im Bürgergeld, der bestehende Zusatzbeitrag für Bildung und Teilhabe wird unkompliziert mitausgezahlt. Das Kindergeld haben wir bereits zum Jahr 2023 um bis zu 31 Euro auf 250 Euro monatlich erhöht – und zukünftig wird der Garantiebetrag jährlich mit der Inflation angepasst. Von der neuen Kindergrundsicherung werden vor allem auch Alleinerziehende profitieren, die heute mit Bürgergeld aufstocken müssen: Die Regeln zur Anrechnung von Unterhaltseinkommen bedeuten deutlich mehr Geld für diese Familien.

Mit der Kindergrundsicherung gehen wir wie schon mit dem Bürgergeld einen großen sozialpolitischen Schritt nach vorne. Der Staat geht auf die Menschen zu – anstatt sich hinter zehn verschiedenen Formularen bei fünf verschiedenen Behörden zu verstecken. Die Kindergrundsicherung ist ein wirksames Mittel, um Kindern und Jugendlichen ein besseres Aufwachsen zu ermöglichen. Wir machen die Unterstützung für Kinder besser, einfacher und zugänglicher – und damit unsere Gesellschaft ein großes Stück gerechter.

Andreas Audretsch, Mitglied des Bundestages
Dieser Artikel ist Teil des Neuköllner Stachels Nr. 193, Ausgabe I/2024