Untersuchungsausschuss Rechter Terror in Neukölln
Wir lassen nicht locker!
Weit mehr als 150 rechtsextreme Straftaten werden dem sogenannten „Neukölln Komplex“ zugeordnet. Sie erstrecken sich über den Zeitraum von 2009 bis 2021. Ermittlungserfolge blieben trotz eines klar eingegrenzten Täterkreises und mehreren Ermittlungsgruppen, die sich mit der Serie befassten, aus. Was also lief schief bei der Aufklärung der Straftaten?
Der 2022 eingesetzte parlamentarische Untersuchungsausschuss (PUA) zur rechten Straftatenserie in Neukölln geht genau diesen Fragen nach: Wie kam es dazu, dass die Ermittlungen bzgl. der vielen Delikte, die u.a. Brandanschläge, Körperverletzung, Drohungen, Hakenkreuzschmierereien und die Anfertigung von Feindeslisten beinhalten, kaum Erkenntnisse brachten? Wie haben polizeiliche Ermittlungsgruppen und Staatsanwaltschaft gearbeitet und welche Erkenntnisse haben Sie bezüglich der rechtsextremen Strukturen in Neukölln und ganz Berlin erlangt? Wurden eventuell sensible Ermittlungsinformationen durchgestochen? Welche Rolle spielte der Verfassungsschutz?
Nachdem der Ausschuss zunächst einen guten Überblick über die Sicht der Betroffenen und den Informationsstand der Sachverständigen aus der Zivilgesellschaft bekommen hat, lag der Fokus in diesem Jahr auf der Arbeit der polizeilichen Ermittlungsgruppen. Im Zuge der bisherigen Befragungen wurden zahlreiche Mängel sichtbar: der Austausch von Informationen und Ergebnissen war teils unstrukturiert, die Vorbereitung der Beamten auf die Arbeit in diesem Feld ungenügend, Daten wurden teils unzureichend ausgewertet, Taten wurden nicht im Zusammenhang mit der Serie gebracht, und der ständige Wechsel der zuständigen Einheiten sorgte für einen Verlust von Erfahrungswissen, weil der Wissenstransfer nicht funktionierte. Auch die Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft und dem Verfassungsschutz gestaltete sich teilweise als schwierig.
Je mehr der angeforderten Akten dem Ausschuss nun geliefert werden, desto klarer wird das Bild, desto tiefer können wir in die Befragungen einsteigen, die sich noch bis Mitte 2025 erstrecken werden. Das ist gut so, denn nur so können nicht funktionierende Strukturen und Verfahren klar benannt und Fehler aufgedeckt werden, um die Strukturen zukünftig zu verbessern. Das ist der Untersuchungsausschuss nicht nur den Betroffenen, sondern unserer ganzen Gesellschaft schuldig. Wir wollen, dass Ermittlungen gegen rechte Straftäter nicht weiterhin ins Leere laufen!
Für mehr Infos und wenn ihr immer auf dem Laufenden gehalten werden wollt, hört in den Podcast von Vasili Franco und André Schulze: https://open.spotify.com/show/1GvfuyVyPQg9xBDrv6yhiU
André Schulze, Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses
Dieser Artikel ist Teil des Neuköllner Stachels Nr. 196, Ausgabe I/2024