Stacheliger Infobrief 06/2012

Inhalt

  • In eigener Sache
  • Neues aus dem Kiez
  • Neues aus der BVV
  • Termine Juni

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In eigener Sache

Liebe Freundinnen und Freunde,

wir freuen uns, Euch mit unserem "Stacheligen Infobrief" Neuigkeiten aus der Neuköllner Bezirkspolitik präsentieren zu können.

In der Rubrik "Neues aus dem Kiez" berichtet Mahi Christians-Roshanai aus der BVV-Fraktion über ethnisch getrennte Klassen in Neukölln. Unter "Neues aus der BVV" haben wir die wichtigsten Ereignisse der BVV am 23. Mai 2012 zusammengestellt und unter "Termine" findet Ihr alle wichtigen Termine der Neuköllner Grünen im Juni.

Viel Spaß beim Lesen wünscht

Susanne Lippert, Mitglied des Vorstandes

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Neues aus dem Kiez

Ethnisch getrennte Klassen

Ich habe das Bezirksamt in einer Großen Anfrage in der letzten BVV um Auskunft gebeten, ob ihm gezielt ethnisch getrennte Klassen in Neukölln bekannt seien und wenn ja, ob dadurch das Recht auf diskriminierungsfreie Bildung eingeschränkt wäre. So wollte ich auch wissen, wie sich das auf das Schulklima auswirkt und was seitens der Schulen unternommen wird, um unter diesen Bedingungen eine gleichwertige Förderung aller Schüler_innen zu gewährleisten.

Dr. Giffey, die zuständige Schulstadträtin verneinte, dass es in Neukölln ethnisch getrennte Klassen geben würde, da klare Kriterien die Zuweisung regeln würden, unter anderem die Sprachenfolge, eine ausgewogene Mischung von Jungen und Mädchen und die Teilung nach Leistungsstärke. Der Anteil von Schüler_innen nichtdeutscher Herkunftssprache sei an drei von sechs Gymnasien so hoch, dass eine Mischung nicht möglich wäre. Am Albert-Einstein-Gymnasium, Hanna-Ahrendt-Gymnasium und der Leonardo-Da-Vinci-Schule liegt der Anteil der Schüler_innen nichtdeutscher Herkunft bei etwa 40-50 Prozent, doch ethnisch getrennte Klassen seien nicht bekannt.

Ich hatte dann die Chance, auf die nicht zufriedenstellende Antwort von Frau Dr. Giffey zu antworten. Der Anteil an Schüler_innen mit Migrationshintergrund ist aufgrund der Bevölkerungsstruktur in Neukölln im Norden höher als im Süden. Es sind etwa 65,5 Prozent im Norden und 35,5 Prozent im Süden. Es gibt ethnisch getrennte Klassen. In Tempelhof-Schöneberg, Mitte und auch in Neukölln.

Wir sind mit der Tatsache konfrontiert, dass Schüler_innen aus Nordneuköllner Grundschulen an Gymnasien im Süden scheitern. Das heißt, dass sie das Probejahr nicht bewältigen und das in einer Klasse, in der der Migrationsanteil bei 80 Prozent liegt. Die Ausgangslage ist ungünstig, wenn Nordneuköllner Schüler_innen in zusätzlich eingerichtete Klassen kommen, die nach Religion und Herkunft eingeteilt sind. Die Folgen sind fatal. Ethnisch zu trennen bezieht sich nach offiziellen Angaben auf das leichtere Organisieren der Stundenpläne, den geschlossenen Religionsunterricht und auch die Vermeidung sinkender Aufnahmen von deutschen Schüler_innen. Einerseits sollen mehr Migrant_innen das Abitur absolvieren, andererseits verweilen sie in ethnisch getrennten Klassen. Natürlich hinterlässt das bei den Betroffenen Spuren. Die Schüler_innen sind demotiviert, unzufrieden und fallen durch ihr Verhalten auf. Was noch viel schlimmer ist: Sie fühlen sich benachteiligt und können das nicht kommunizieren. Statt dessen kann es vorkommen, dass ihnen das Elternhaus suggeriert, dass sie leistungsstärker als ihre deutschen Mitschüler_innen sein müssen. Durch die Gesamtsituation wird das Schulklima erheblich gestört, da nicht zusammenwachsen kann, was zusammengehört.

Ethnisch getrennte Klassen widersprechen der Gleichberechtigung und es war mein Anliegen, das Thema anzusprechen und ich war am Mittwoch auf heftige Kritik eingestellt, die NICHT kam. Stattdessen war es still, während ich sprach, fast eine betretene Atmosphäre. Es gab keine weiteren Reaktionen auf meine Rede. Ziel der Anfrage war, auf das Thema aufmerksam zu machen und das Bezirksamt dafür zu sensibilisieren, darauf zu achten, dass im nächsten Schuljahr keine ethnisch getrennten Klassen eingerichtet werden.

An der Schule werden unsere Schüler_innen sozialisiert und erfahren Positives sowie Negatives, was sie ein Leben lang prägt. Migrant_innen erhalten auch heute noch die Botschaft, dass sie sich den Anforderungen und Wertvorstellungen der modernen Gesellschaft anpassen sollen. Nur dann klappe der schulische Erfolg. Statt den Schüler_innen aus Zuwandererfamilien, die zuhause aus den unterschiedlichsten Gründen wenig oder keine Unterstützung erfahren, beim Bildungsaufstieg zu helfen, werden ihnen Steine in den Weg gelegt. Ethnisch getrennte Klassen sind eine Benachteiligung jener Schüler_innen, die auch unsere Zukunft sind - Neuköllns Zukunft.

Unsere Fraktion wird das Thema weiter beobachten. Aufgrund meiner eigenen Herkunft und der positiven Erfahrungen, die ich während meiner Schulzeit gemacht habe, fühle ich mich verpflichtet, unsere Schüler_innen mit Migrationshintergrund zu „schützen“. Alle Schüler_innen haben ein Anrecht auf diskriminierungsfreie Bildung!

Mahi Christians-Roshanai, Mitglied der Grünen Fraktion in der BVV

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Neues aus der BVV

Am Mittwoch, den 23. Mai 2012 setzte die Grüne Fraktion in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) ihre inhaltlichen Schwerpunkte auf die Themen Bildung und Jugend.

Doch zunächst hat Bürgermeister Buschkowsky in einem Tagesordnungspunkt 0 eine Persönliche Erklärung abgegeben. Vorausgegangen war Anfang des Monats ein Schreiben des Bezirksbürgermeisters, in dem er sich auf ein Zitat der Fraktionsvorsitzenden Gabi Vonnekold in der April-BVV zum Verhalten des Bezirksamtes zum Tod von Youssef al-A. bezog: "Aber man kann wie üblich mal wieder feststellen: wie der Herr, so's Gscherr. Wir haben einen Bürgermeister, der es für opportun hält, nachdem er aus der Gedenkveranstaltung für die Opfer der rechten Terroristen herauskommt, sich vor ein Mikrofon zu stellen und Interviews zu geben, dass die Migranten sich nicht ordentlich integrieren. Das Gleiche läuft bei unserem Integrationsbeauftragten, wir haben eine sehr aufgeladene Situation, ein junger Mensch ist gestorben, sehr viele Menschen sind sehr betroffen, haben möglicherweise auch ihre Zweifel, ob ihre Interessen in dieser Situation immer angemessen gewahrt werden und dann kommt ein Interview, dass sich die Familien unmöglich benehmen. Beides lässt den unguten Schluss zu, dass die Opfer irgendwie eigentlich immer ein bisschen selber schuld dran sind. Wenn sie sich nicht so unmöglich benehmen würden, würde man sie vielleicht auch nicht umbringen. Das ist was, was ganz schlimm ist für das Zusammenleben der unterschiedlichen Gruppen in diesem Bezirk. Natürlich gibt es Probleme in der Integration und natürlich gibt es Migranten, die sich unmöglich benehmen...". Buschkowsky hat diese Äußerungen als "ehrabschneiderisch" wahrgenommen und forderte Gabi Vonnekold auf, sich in einer Persönlichen Erklärung zu Beginn der BVV am 23. Mai 2012 zu entschuldigen und die "Aussagen als falsch zurückzunehmen". Darüber hinaus sollte diese Entschuldigung auch mit ihm vorher abgestimmt werden - ansonsten würde er sie verklagen. Da dies ein absolut unüblicher Vorgang ist, hat die Fraktion die Klageandrohung erst einmal rechtlich prüfen lassen und dem Bürgermeister lediglich den Empfang bestätigt und um Geduld gebeten. Diese hatte er jedoch nicht und verlas in der BVV seine Persönliche Erklärung, in der er die Äußerungen als "Brunnenvergiftung" titulierte. Auf die Persönliche Erklärung durfte die Grüne Fraktion übrigens nicht antworten oder reagieren. Dass Herr Buschkowsky gerne mit Klagen droht und diese auch gerne als Mittel zur Einschüchterung einsetzt, ist vielen bekannt. In der politischen Debatte sollte man sich jedoch streiten, aber nicht verklagen. Vor allem wenn ein gut bezahlter Bürgermeister eine Ehrenamtlerin angeht. Eine Sternstunde des Parlaments war das sicher nicht. Der Tagesspiegel hat dazu auch einen<link http: www.tagesspiegel.de berlin streit-um-rede-fuer-nsu-opfer-buschkowsky-droht-vonnekold-mit-anwalt external-link-new-window> Artikel geschrieben.

Trotz des bürgermeisterlichen Eklats am Anfang ging die BVV dann ihren geregelten Verlauf weiter. In einer Großen Anfrage der Grünen Fraktion zur Zukunft des Jugendprojektes "Manege" sollten die Umstände um das aktuelle Interessensbekundungsverfahren geklärt werden. <link http: www.fusionstreet.com external-link-new-window>Das Vorzeigeprojekt wird in dieser Form nicht mehr existieren, da der Bezirk das Projekt in einer neuen Ausschreibung nun mehr auf die Bedürfnisse der Rütli-Schule ausrichteten wird. Die Beantwortung der Großen Anfrage übernahm nicht der zuständige Jugendstadtrat Liecke, sondern die für Bildung zuständige Stadträtin Dr. Giffey. Diese verteidigte ihre Zuständigkeit mit dem "ganzheitlichen Ansatz" für den Rütli-Campus. Weiter geht sie davon aus, dass alle Beteiligten gut aufgeklärt seien und der jetzige Träger sich immer noch bewerben könne. Jugendstadtrat Liecke ergänzte dazu, dass es keine Garantieerklärungen für Träger im Bezirk gebe und dass Steuermittel so gut und günstig wie möglich eingesetzt werden müssen. Darüber hinaus drohte er an, dass auch alle anderen Träger für ihre gut laufenden Projekte nach und nach mit einem solchen Interessenbekundungsverfahren rechnen müssen. Mirjam Blumenthal von der SPD bestätigte die Kritik der Grünen, dass der Jugendhilfeausschuss in den Prozess nicht genügend eingebunden werde. Gabi Vonnekold bekräftigte noch einmal, dass es im Reuterkiez nicht nur um den Campus Rütli gehen kann, sondern alle Jugendlichen im Kiez ein Recht auf Jugendarbeit haben. Eine unabhängige und eigenständige Jugendarbeit wird scheinbar in Neukölln nicht mehr wertgeschätzt.

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Termine Juni

  • Treffen der Bezirksgruppe: 05., 12. und 26. Juni 2012, jeweils ab 19 Uhr in der Grünen Geschäftsstelle, Berthelsdorfer Str. 9, 12043 Berlin
  • Sommerfest der „Kleinen Konferenz“: 06. Juni 2012 ab 18 Uhr im Pyramidengarten am Columbiadamm 120. Die Kleine Konferenz ist ein Zusammenschluss von Grünen Mitgliedern aus den Kreisverbänden Reinickendorf, Lichtenberg, Treptow-Köpenick, Marzahn-Hellersdorf und Neukölln. Die Neuköllner Grünen sind alle herzlich eingeladen. Um Anmeldung wird gebeten unter <link mail>christian.hoffmann(at)gruene-neukoelln.de
  • Grünes Kino: Wir zeigen am 08. Juni 2012 ab 19 Uhr in der Geschäftsstelle „Radioactivist“. Mehr dazu hier: www.gruene-neukoelln.de/neukoelln/ganz-gruenes-kino.html
  • Vorstandssitzung: 05. Juni, ab 17:30 Uhr vor der Bezirksgruppe und 19. Juni 2012, um 19 Uhr in der Geschäftsstelle
  • Treffen der AG Soziales: 06. Juni 2012, um 19 Uhr in der Geschäftsstelle
  • Treffen der AG Migration/Integration: 07. Juni 2012, um 19 Uhr in der Geschäftsstelle
  • Treffen der AG Stadtentwicklung: 28. Juni 2012, um 19 Uhr in der Geschäftsstelle
  • Öffentliche Fraktionssitzungen von Bündnis 90/Die Grünen in der Neuköllner BVV: 04. und 11. Juni 2012, jeweils um 19.30 Uhr im Rathaus Neukölln, Karl-Marx-Str. 83, 12040 Berlin, Raum A 308
  • Öffentliche Sitzung der BVV Neukölln: 13. Juni 2012, ab 17 Uhr im Rathaus Neukölln, BVV-Saal; die Tagesordnung ist etwa eine Woche vor der Sitzung einsehbar: www.berlin.de/ba-neukoelln/bvv-online/allris.net.asp
  • Die Termine der einzelnen BVV-Ausschüsse sind hier auf den Seiten des Bezirksamtes zu finden: www.berlin.de/ba-neukoelln/bvv-online/au010.asp