Mieterschutz statt Steuervorteile für Immobilienhaie!
Mehr als 100.000 Wohnungen in Berlin kaufen und 0 € Grunderwerbssteuer zahlen? Das geht und ist legal, wenn man die richtigen Steuerschlupflöcher kennt. Das Wohnungsunternehmen Vonovia hat im vergangenen Jahr die Deutsche Wohnen inklusive der Wohnungsbestände gekauft. Normalerweise wird in solchen Fällen die Grunderwerbssteuer fällig: Bei einem Ankauf von einem solchen Umfang wäre das ungefähr eine Milliarde Euro (1.000.000.000€), die an das Land Berlin gezahlt werden müsste. Zum Vergleich: Die schwarz-rote Berliner Landesregierung streicht gerade 3 Milliarden Euro aus dem Haushalt für 2025. Eine zusätzliche Einnahme über eine Milliarde Euro würde also einen großen Beitrag zur Sicherung von Kultur- oder Jugendfreizeiteinrichtungen leisten.

Während Privatpersonen bei einem Hauskauf Grunderwerbssteuer zahlen müssen, nutzt Vonovia einen Trick: Die Grunderwerbssteuer wird erst fällig, wenn das Wohnungsunternehmen mindestens 90% der Deutsche Wohnen kauft. Um diese Schwelle nicht zu überschreiten, wurde für die Übernahme ein Firmenkonstrukt geschaffen. So hat Vonovia die Kontrolle über 100% der angekauften Wohnungen, aber übernimmt nicht mehr als 90% der Anteile. Dieser Fall zeigt exemplarisch, wie Großkonzerne bestehende Regelungen zu ihren Gunsten ausnutzen und damit dem Gemeinwohl schaden. Wir setzen uns für ein gerechteres Steuersystem ein, das solche Schlupflöcher konsequent schließt.

Durch den Vonovia-Fall kann das Land Berlin weniger Schulen sanieren oder Lehrkräfte bezahlen. Doch einige Wohnungsunternehmen bereichern sich nicht nur über Steuertricks auf Kosten der Allgemeinheit, sondern auch direkt auf dem Rücken der Mieterinnen und Mieter. In Neukölln gibt es bereits seit Jahren große Missstände in der Köllnischen Heide. Ausgebrannte Wohnungen, kaputte Fenster und Aufzüge. Das ist dort leider eher die Regel als die Ausnahme. Die Wohnungsbestände gehören der Adler-Group. Das Unternehmen ist dafür bekannt, sich möglichst wenig um die eigenen Wohnungen zu kümmern. Deshalb habe ich mich im März 2024 mit meinem Kollegen Daniel Wesener an den Senat gewandt, damit die Mieterinnen und Mieter schnelle Verbesserungen erfahren. Seitdem hat sich aber wenig getan.
Um das Problem der Vernachlässigung von Mietwohnungen in ganz Berlin anzugehen, wollen wir als Grüne Regeln für die Vermietung einführen: So sollen Vermieter verpflichtet werden, ihren Wohnungen in einem guten Zustand zu erhalten. Nur wer sich daran hält, soll zukünftig weiter Wohnungen vermieten dürfen. Damit verbessern wir das Leben von vielen Mieterinnen und Mietern in Berlin. Denn mit Schimmel an den Wänden, kaputten Fenstern oder einer defekten Heizung lebt es sich nicht gut.
In den letzten drei Jahren habe ich mich als Neuköllner Bundestagsabgeordneter für mehr Gerechtigkeit eingesetzt. Gerade für einen Bezirk wie Neukölln mit hoher Kinderarmut und hoher (Jugend-) Arbeitslosigkeit, ist wichtig, dass die öffentliche Infrastruktur in einem guten Zustand ist. Damit Kinder, die in (zu) kleinen Wohnungen aufwachsen einen Ort haben, an dem sie ihre Freizeit verbringen können. Damit ihre Eltern, wenn ein eigenes Auto zu teuer ist, trotzdem mit Bus und Bahn überall gut hinkommen können. Und damit ihre älteren Geschwister, die sich keine Nachhilfe leisten können, in gut ausgestatteten Schulen die Dinge lernen können, die sie für ihr Leben brauchen.
Andreas Audretsch, Mitglied des Bundestags und Neuköllner Direktkandidat für die Bundestagswahl 2025
Dieser Artikel ist Teil des Neuköllner Stachels Nr. 198, Ausgabe I/2025