Für ein antifaschistisches Neukölln!
Neukölln ist ein Symbol für gesellschaftliche Vielfalt: Hier gibt es Barbershops neben Bars und Spätis, muslimische, jüdische und christliche Gemeinden, queeres Leben und unterschiedliche Lebensentwürfe, Eigenheim- und Hochhaussiedlungen. Im Bezirk gelingt das Zusammenleben von unterschiedlichsten Menschen auf engem Raum. Doch immer wieder wird der Bezirk für rassistische Stereotype instrumentalisiert – etwa, wenn es um Krawalle an Silvester geht. Wir verurteilen Angriffe auf Einsatzkräfte und alle Formen von Gewalt. In den vergangenen Jahren gab es jedoch häufig eine rassifizierende Debatte über die vermeintliche Herkunft der Täter, statt sich mit konstruktiven Lösungen wie Jugendarbeit oder einem Böllerverbot zu befassen, wie es die Grüne Fraktion in der Bezirksverordnetenversammlung fordert.
Ähnlich verkürzt wird in der Diskussion um Demonstrationen im Bezirk, die sich gegen das Leid der Menschen in Palästina richten. Schnell ist von „importiertem Antisemitismus“ die Rede, dabei ist Antisemitismus ein gesamtgesellschaftliches Problem. Es braucht Räume, in denen Trauer und Wut über die humanitäre Lage in Palästina und die israelische Kriegsführung ausgedrückt werden können. Daneben ist klar, dass die Verherrlichung von Kriegsverbrechen und Aufrufe zu Gewalt strafrechtlich verfolgt werden müssen.

In diesen Debatten wird schnell vergessen: Die weit größere Gefahr für das friedliche Zusammenleben kommt von rechts – auch in Neukölln. Die rechtsextremen/rassistischen Morde an Luke Holland und Burak Bektaş, Brandanschläge auf die Autos des Buchhändlers Heinz Ostermann und des Linken-Politikers Ferat Koçak – die Liste rechter Gewalt ist lang. 400 rechtsextreme oder diskriminierende Vorfälle listet das Berliner Register für 2023 im Bezirk. Das ist ein deutlicher Anstieg im Vergleich zu den vergangenen Jahren, insbesondere im Bereich des Antisemitismus.
Trotzdem und gerade deshalb bleibt Neukölln ein Ort des zivilgesellschaftlichen Engagements: Ob Hufeisern gegen Rechts, Rudow empört sich, das Bündnis Neukölln, Omas gegen Rechts oder die Initiative Burak Bektaş – im ganzen Bezirk gibt es Initiativen, die sich gegen Rechtsextremismus und Diskriminierung einsetzen. Auch die AG Antifa des Grünen Kreisverbandes hat über das vergangene Jahr Zulauf erhalten. Lasst uns weiter mit den Betroffenen rechter Gewalt solidarisch sein, lasst uns engagiert bleiben und werden. Für ein offenes, vielfältiges und antifaschistisches Neukölln!
Samira Tanana, Verordnete in der Bezirksverordnetenversammlung Neukölln und Antonia Tretter, Vorstandsmitglied von Bündnis 90/Die Grünen Neukölln und Sprecherin der AG Antifa
Dieser Artikel ist Teil des Neuköllner Stachels Nr. 198, Ausgabe I/2025