Ausstellung "Buried Memories" eröffnet

Neukölln auf dem Weg zur postkolonialen Erinnerungskultur?

Ausstellungsraum des Museums Neukölln in Britz

Am 4. November 2023 eröffnete die Ausstellung Buried Memories im Museum Neukölln. Damit könnte sich der jahrzehntelange Kampf zivilgesellschaftlicher Initiativen für einen postkolonialen Umgang mit dem sogenannten „Hererostein“ doch noch einem erfolgreichen Ende nähern.

Während der Name des Gedenksteins auf dem Garnisionsfriedhof Columbiadamm die Opfer des Völkermords an den Ovaherero und Nama in den Mittelpunkt stellt, ist der Gedenkstein selbst das genaue Gegenteil: Dort wird bis heute sieben Tätern der deutschen Wehrmacht gedacht, die am Völkermord beteiligt waren, der zwischen 1904 und 1908 im damaligen „Deutsch Süd-West Afrika“ (heute: Namibia) geschehen ist.

Seit ungefähr 20 Jahren gibt es zu dem Gedenkstein verschiedene Protestaktionen, die das bis heute fortdauernde Unrecht kritisieren und eine Aufarbeitung einfordern. Insbesondere Israel Kaunatjike, ein in Berlin lebender Herero, ist es zu verdanken, dass der Stein nicht einfach vergessen wurde. Über sein Engagement für die Aufarbeitung der deutschen Kolonialgeschichte gibt es mittlerweile eine Dokumentation (Titel: Re: Das Erbe des Kolonialismus. Eine deutsch-namibische Spurensuche).

Ein erster Versuch des Bezirks, einen besseren Umgang zu finden, war allerdings eine Verschlimmbesserung. Anstatt den voluminösen Völkermordstein zu entfernen, wurde 2009 zu seinen Füßen eine kleine Gedenkplatte hinzugefügt, die zwar den Opfern des Krieges gedenkt, aber die betroffenen Volksgruppen überhaupt nicht erwähnt. Die Bezeichnung als Völkermord wurde wohl durch eine Intervention des Auswärtigen Amtes verhindert. Dass es besser gegangen wäre, wird auch in der aktuellen Ausstellung des Museums deutlich. Dort findet sich eine große Stele, die eindeutig Stellung zum Völkermord bezieht und offenbar eine Alternative zur 2009 verlegten Gedenkplatte gewesen wäre. Den Weg in die Öffentlichkeit fand die Stele aber erst mit der aktuellen Ausstellung.

Wir hoffen, dass mit der Ausstellung „Buried Memories“ endlich eine Aufarbeitung des kolonialen Erbes in Neukölln beginnt. Mit einem partizipativen Verfahren soll dort ein Vorschlag zur Umgestaltung des Gedenkensembles entwickelt werden. Wir erwarten, dass dieser Vorschlag anschließend in der Bezirksverordnetenversammlung diskutiert wird und die Umsetzung anschließend zeitnah erfolgt. Für uns ist klar: Tätern eines Völkermordes gebührt kein ehrenhaftes Gedenken.
 

Tjado Stemmermann, Verordneter in der Bezirksverordnetenversammlung Neukölln
Dieser Artikel ist Teil des Neuköllner Stachels Nr. 196, Ausgabe I/2024