BVV Entschließung
Die Bezirksverordnetenversammlung Berlin-Neukölln spricht sich in aller Deutlichkeit für Frieden in der Ukraine und die sofortige Einstellung der russischen Aggression aus. Wir sind erschüttert und zutiefst entsetzt über den vorsätzlichen Bruch des Völkerrechts und der europäischen Friedensordnung, der sich in dem beispiellos brutalen Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine zeigt. Wir stehen fest und unverbrüchlich an der Seite der Ukraine, die heute nicht nur für ihre eigene Freiheit, Demokratie und Frieden kämpft, sondern für unsere gemeinsamen europäischen Werte, für Frieden und Demokratie in Europa. Als kommunalpolitisch Engagierte erleben wir täglich, dass Demokratie nichts Abstraktes ist, sondern ganz praktisch, vor Ort und im alltäglichen Zusammenleben stattfindet. Kommunalpolitik ist gelebte Demokratie und Verantwortungsübernahme für die politische Gemeinschaft. Auch in der Ukraine ist kommunale Demokratie ~~seit der „Revolution der Würde“ im Winter 2013/14, die in Deutschland als „Euromaidan“ bekannt ist, ~~ wichtiger und lebhafter geworden. Dass auch dieser Aspekt der jungen Demokratie in der Ukraine, der für uns so selbstverständlich ist, mit zu den Gründen für Putins Angriffskrieg gezählt werden muss, macht uns fassungslos, wütend und traurig. Die Bezirksverordnetenversammlung von Berlin-Neukölln verurteilt Russlands Angriffskrieg, der sich vor unseren Augen zu einem verheerenden Vernichtungskrieg entwickelt, sowie den russischen Neoimperialismus und die der Ukraine das Existenzrecht absprechende Haltung Putins auf das Schärfste. Als vielfältige und pluralistische Kommune Deutschlands mit einer äußerst aktiven Zivilgesellschaft und lebhaften Demokratie bekennen wir uns zur Solidarität mit der Ukraine und nehmen unsere Verantwortung für Frieden und Gerechtigkeit in der Welt durch die folgenden Maßnahmen ernst:
- Neukölln bietet Menschen aus aller Welt ein sicheres Zuhause. Wir beteiligen uns mit aller Kraft an der Aufnahme und Versorgung der Menschen, die vor Putins Terror aus der Ukraine, aber auch aus Russland und Belarus fliehen. Das gilt selbstverständlich unabhängig von der Staatsbürgerschaft für alle Menschen, die in der Ukraine ihr Zuhause hatten und das Land nun verlassen mussten bzw. es künftig verlassen müssen.
- Die Bildungs- und Betreuungsangebote für geflüchtete Kinder aus der Ukraine sollen dem Maßstab der Inklusion folgen. Neukölln setzt sich dafür ein, ukrainische Schülerinnen und Schüler nicht in separaten Klassen, sondern inklusiv in den Regelklassen zu beschulen und zusätzlichen Deutschunterricht zur Verfügung zu stellen. Das Ziel ist die zügige Inklusion der ukrainischen Kinder in reguläre Bildungsangebote. Auch die Integration durch Freizeit- und Sportvereine wollen wir gezielt begleiten und unterstützen.
- Der Bezirk Neukölln setzt sich für ein umfangreiches Angebot an Sprachkursen und eine zügige Arbeitsvermittlung für die Geflüchteten ein, um ihnen so schnell wie möglich ein selbstbestimmtes Leben in Neukölln zu ermöglichen.
- In Zusammenarbeit mit dem Land Berlin werden wir den Widerstand der Menschen aus der Ukraine wie auch aus Russland und Belarus gegen Krieg, Terror und Unterdrückung durch die russische Diktatur unterstützen, wo wir können.
- Neukölln ist Mitglied der „Mayors for Peace“. Wir werden uns in diesem Rahmen dafür einsetzen, dass das Netzwerk Mayors for Peace den insgesamt 67 russischen und 2 belarusischen Mitgliedern gegenüber deutlich macht, dass dieser Krieg Russlands durch nichts zu rechtfertigen ist und Russland auf schwerste Weise das Völkerrecht sowie die Menschenrechte verletzt. Das Netzwerk fordert die russischen und belarusischen Städte im Netzwerk Mayors for Peace auf, sich unverzüglich und vollständig zum Ziel des Netzwerks, der vollständigen Abschaffung von Atomwaffen und Erhaltung des Friedens in der Welt, zu bekennen und sich in aller Deutlichkeit gegen den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine auszusprechen. Sollten die Städte dies verweigern, muss ihre Mitgliedschaft im Netzwerk auf Eis gelegt werden.
- Wir setzen uns dafür ein, dass das Netzwerk den ukrainischen Mitgliedern der Mayors for Peace Kyjiv, Dnipro, Korosten, Odessa und Slavutych seine vorbehaltlose und absolute Solidarität versichert.
- Der Stadtverwaltung und den zivilgesellschaftlichen Organisationen unserer Partnerstadt Pavlovsk-Pushkin in Russland teilen wir unsere scharfe Verurteilung des russischen Angriffs- und Vernichtungskrieges gegen die Ukraine mit und bitten sie, sich ihrerseits für ein sofortiges Ende dieses Krieges und die vollständige Rückkehr Russlands zum Völkerrecht einzusetzen. Sofern unsere Partnerstadt die Verstöße Russlands gegen das Völkerrecht und die Menschenrechte mitträgt, werden sämtliche Austauschprojekte mit Pavlovsk-Puschkin von Seiten Neuköllns ausgesetzt, bis Russland zur vollständigen Anerkennung des Völkerrechts zurückkehrt. Wir setzen uns beim Land Berlin dafür ein, ein gleiches Vorgehen in Bezug auf die Städtepartnerschaft Berlins mit Moskau anzuwenden.
- Der Bezirk Neukölln bemüht sich, eine Städtepartnerschaft mit einer ukrainischen Stadt aufzubauen.
- Die Ukraine hat, angestoßen von einer progressiven, pro-europäischen und sehr aktiven Zivilgesellschaft, insbesondere seit 2014 große Anstrengungen unternommen, um demokratische Reformen umzusetzen. Mit hohem Respekt vor dem von der ukrainischen Gesellschaft selbstgewählten Pfad der Demokratie, Freiheit und europäischen Integration begrüßen wir den ukrainischen Antrag zur Aufnahme von EU-Beitrittsverhandlungen und unterstützen diese von ganzem Herzen.
Deutschland, Berlin und auch Neukölln haben erlebt, zu welcher Zerstörung Krieg, Hass, Diktatur und Faschismus führen. Dass heute unter dem Vorwand der „Entnazifizierung“ Menschen durch Raketen ermordet werden, auch und gerade in Orten wie Babyn Jar, wo unsere Vorfahren im September 1941 zehntausende jüdische Bürger:innen Kyjiws ermordeten, dass jüdische Kinder wieder auf der Flucht vor dem Krieg sind, erfüllt uns mit unendlichem Schmerz. In Neukölln möchten wir zeigen, dass wir aus der Geschichte gelernt haben und in der Ukraine, die mit am stärksten unter dem Vernichtungskrieg Nazideutschlands gelitten hat, keinen neuen Vernichtungskrieg zulassen dürfen. Wir stehen fest an der Seite der demokratischen Ukraine.