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In eigener Sache

Liebe Freundinnen und Freunde,

in unserem zweiten "Stacheligen Infobrief" dieses Jahr informieren wir euch wieder über bezirkspolitisch Aktuelles und Interessantes aus Neukölln.

Das Thema Wohnraum ist in vielerlei Hinsicht das beherrschende Thema, sei es die Unberbringung von Geflüchteten oder die Erhaltung von bezahlbarem (Wohn-)Raum. Aber auch über die spontane und erfolgreiche Demonstration gegen eine NPD-Kundgebung in Britz wird berichtet.

In der letzten Bezirksgruppe haben wir uns mit dem Grünen Landesvorsitzenden und Neuköllner Direktkandidaten Daniel Wesener ein Bild über die Standortpläne des Senats für Geflüchtetenunterkünfte gemacht. Auch in der BVV wurde hitzig über die in Neukölln vorgesehenen Standorte diskutiert. Die Grüne-Fraktion kritisiert das Planungschaos des Senats. Unter anderem der Wagenplatz "Schwarzer Kanal" sorgt in Neukölln für kontroverse Diskussionen: Aktivist*innen demonstrierten während der BVV vor dem Rathaus.

Weiterer Schwerpunkt in der BVV waren die Themen Wohnungsleerstand, Verdrängung und Milieuschutz. Nach langem Widerstand von CDU und SPD ist der Mileuschutz für den Reuter- und den Schillerkiez im Februar endlich in Kraft getreten. Beim Thema Leerstand und Zweckentfremdungsverbot verwies Stadtrat Blesing leidglich einmal mehr auf den akuten Personalmangel. Dem traten Vertreter*innen lokaler Kiezinitiativen vehement entgegen und setzten sich in der Bürger*innensprechstunde mit Nachdruck gegen die Verdrängung ihrer Projekte ein.

Viel Freude beim Lesen wünscht

Malika Meyer-Schwickerath
Mitglied des Vorstands

Aktuelles aus dem Kiez

Festliche Verleihung des Hatun-Sürücü-Preises

Am fünften Februar war es wieder soweit: der Hatun-Sürücü-Preis der Fraktion Bündnis 90/die Grünen, der von Susanna Kahlefeld und Anja Kofbinger ins Leben gerufen wurde, wurde zum vierten Mal an drei herausragende Berliner Projekte vergeben. Mit dem Preis, der insgesamt mit 1000 Euro dotiert ist, werden die Menschen in den Vordergrund gerückt, die sich oft im Stillen, aber mit Tatkraft und viel Herz für das Recht von Mädchen und jungen Frauen auf ein selbstbestimmtes Leben engagieren.

Hatun Sürücü wurde Opfer eines sogenannten Ehrenmordes, weil sie ein selbstbestimmtes Leben führen wollte. Doch Hatun ist nicht nur das Opfer einer Gewalttat: Sie war eine starke Frau, die sich aus einer Zwangsehe befreite, als Alleinerziehende die Verantwortung für ihren Sohn übernahm und selbstbewusst einen "Männerberuf" ergriff. Um das Vorbild ihres Mutes zu ehren, riefen Susanna Kahlefeld und Anja Kofbinger den Preis ins Leben, mit dem Personen und Projekte ausgezeichnet werden, die sich für die Selbstbestimmung junger Frauen und Mädchen einsetzen.

Die diesjährigen Preisträgerinnen

Dieses Jahr fiel es den Jurorinnen Barbara John, Meral Al-Mer und Sharon Adler besonders schwer, sich zwischen den vielen großartigen Projekten aus vielfältigen Bereichen zu entscheiden. Die Preise erhielten diesmal:

1. Preis: Mama Afrika

Der Verein trägt seit 2000 durch Aufklärungsarbeit in Deutschland und Guinea dazu bei, dass der weiblichen Genitalverstümmelung in afrikanischen Ländern ein Ende gesetzt wird. Im Fokus stehen dabei Ärzt*innen, Hebammen sowie Mütter und Großmütter. Sie werden durch Bildungs- und Aufklärungsprojekte über die schwerwiegenden physischen und psychischen Folgen der Beschneidung von Mädchen aufgeklärt. In Deutschland fungiert der Verein als Aufklärungszentrum für das Thema Genitalverstümmelung, in Afrika werden vor allem Bildungseinrichtungen unterstützt, Infoabende organisiert und "Beschneiderinnen" zu beruflichen Alternativen beraten. Zum Thema "Null Toleranz gegenüber weiblicher Genitalverstümmelung" hat auch die Grüne Fraktion im Januar einen Antrag gestellt, den Sie hier finden können.

2. Preis: Interkultureller Mädchentreff

Der Interkulturelle Mädchentreff ist eine Einrichtung für Mädchen und Frauen in einem sozial stark benachteiligten Kiez in Reinickendorf. Er arbeitet seit 1996 mit dem Ziel, die Bildungschancen von Mädchen und Frauen zu erhöhen und deren persönliche Entwicklung und Selbständigkeit in allen Lebensbereichen zu fördern. Bildungs-, Freizeit- und Beratungsangebote sind kostenlos und werden an mindestens fünf Tagen in der Woche angeboten. Dabei werden die Angebote stets den jeweiligen Bedarfen und Wünschen der Mädchen und Frauen angepasst. Auch Mädchen, die in einer der vier nahegelegenen Gemeinschaftsunterkünfte für Geflüchtete wohnen, werden in die Aktivitäten einbezogen.

3. Preis: Afghanisches Kommunikations- und Kulturzentrum

Der Verein wurde 1987 gegründet und unterstützt in Berlin und in Brandenburg lebende Afghan*innen. Die Schwerpunkte des Vereins, der durch ehrenamtliche Mitarbeit und Spenden getragen wird, liegen in der Integrations-, Menschenrechts-, Kultur- und Flüchtlingsarbeit. Für geflüchtete Kinder und Jugendliche bietet das Zentrum kulturelle Bildungsangebote, um sich mit ihrer Situation auseinanderzusetzen, Selbstvertrauen aufzubauen und emotionalen Halt zu erlangen. Vor allem für Frauen und Mädchen ist der Verein so ein Ort des Vertrauens geworden. Das Preisgeld in Höhe von 200 Euro wurde von Jasmin Taylor, Geschäftsführerin von JT Touristik, gestiftet.

Die Initiatorinnen Anja Kofbinger und Susanna Kahlefeld erklären dazu: "Wir möchten noch einmal ausdrücklich allen Projekten, Initiativen und Engagierten danken, die sich tagtäglich, oftmals ehrenamtlich oder für einen geringen Lohn, so tatkräftig und liebevoll für die Mädchen und jungen Frauen Berlins einsetzen!"

Anja Kofbinger

Mal nach den Rechten schauen...

Am Samstag, den 20. Februar, versuchte die NPD mal wieder mit ihren rassistischen Parolen die Menschheit zu erschrecken. Kurz nach Bekanntwerden ihrer angemeldeten Kundgebung in Britz wurde von engagierten Antifaschist*innen eine Gegenkundgebung angemeldet, der trotz des unschönen Wetters etwa 70 Menschen folgten. Die NPD brachte es gerade einmal auf acht Personen.

Den Auftakt stammelte Jens Irgang (NPD Lichtenberg) ins Mikro, es folgte Sebastian Schmidtke (NPD-Landesvorsitzender). Ihre Reden drehten sich hauptsächlich um den "Untergang des deutschen Volkes". Irgang glänzte wieder mit Forderungen nach schweinefleischlastigem Essen in Kitas und Schulen. Dort müssen die armen deutschen Kinder doch tatsächlich Geflügel, Lamm- und Rindfleisch essen! Interessiert hat es die Bevölkerung herzlich wenig, die Menschen liefen schnell weiter und würdigten die NPD keines Blickes. Nach einer dreiviertel Stunde war der braune Spuk vorbei.

Bemerkenswert sind zweierlei Dinge: Trotz ihres Auftakts in Neukölln – es folgten noch zwei weitere Kundgebungen in Berlin – ist es schon erstaunlich, dass hier kein einziger Neuköllner NPDler anwesend war. Neben den bereits genannten NPDlern stand noch Andreas Käfer dumm herum, der für die NPD ins Abgeordnetenhaus will. Ansonsten alles Statist*innen aus anderen Bezirken.

Zum anderen ist es immer wieder schön, wenn sich ein breites Bündnis von engagierten Menschen auch sehr kurzfristig zusammenfindet, um lautstark gegen die Rechten zu protestieren. Wir werden in Neukölln und anderswo immer zur Stelle sein, wenn es darum geht, sich gegen rassistische Parolen zu behaupten.

Carola Scheibe-Köster

Die Friedhöfe an der Hermannstraße werden multikulturell

Das im Auftrag des Evangelischen Friedhofsverbands Berlin Stadtmitte entworfene "Integrierte Friedhofsentwicklungskonzept" (kurz: IFEK) für die Umnutzung der Friedhöfe an der Hermannstraße sieht eine Vielzahl neuer Nutzungen vor. Aber auch Altes, das sich bewährt hat, bleibt erhalten. So sollen 45 Prozent der Fläche weiter Grünfläche bleiben. Noch ist der Beteiligungsprozess aber nicht abgeschlossen.

Große Teile der Flächen können derzeit noch nicht umgenutzt werden, weil dort Fristen für Grabstätten gelten. Sicher ist aber, dass auf dem Jerusalem Friedhof V eine Unterkunft für Geflüchtete gebaut wird. Keine Modularbauten oder Container, sondern normale Wohnbauten – allerdings mit Gemeinschaftsräumen, die auch in Zukunft für Formen des gemeinschaftlichen Wohnens genutzt werden können. Möglich wären dann zum Beispiel Senior*innen- oder Student*innenwohnungen. Sicher ist auch, dass der Thomasfriedhof als Naturschutz-Ausgleich für den Bau der A 100 insgesamt öffentliche Grünfläche und die Gedenkstätte für das ehemalige Zwangsarbeiterlager erhalten bleibt.

Auf einer gut besuchten Bürgerveranstaltung waren viele der jetzigen und künftigen Nutzer*innen vertreten: Vom Gärtnereiprojekt mit Geflüchteten, das erhalten bleiben soll, über die Bulgarischen Orthodoxen Gemeinde, die die Kapelle renoviert haben und Grabstätten bekommen, bis zur Bürgerplattform, die sich um muslimische Grabflächen bemüht hat. Letztere wird es auf dem St. Jacobi Friedhof geben.

Offen sind die Pläne zur Wohnbebauung, nach derzeitigem Stand 17 Prozent der Fläche. Es ist also wichtig, sich als Nachbar*in in die weiteren Planungen einzubringen und den Fortgang zu beobachten. Wer sich beteiligen möchte, findet Einladungen und zusätzliche Informationen hier.

Susanna Kahlefeld

Unterkünfte für Geflüchtete: Senat entscheidet über Standorte in Neukölln

Nach langem Ringen ist es endlich soweit: Die ersten 59 Standorte für Geflüchtetenunterkünfte in Berlin stehen fest. Insgesamt sind 26 Containerdörfer und 42 Modularbausiedlungen geplant. Auf der aktuellen Liste des Senats stehen auch sieben Standorte in Neukölln. Beim Treffen der Bezirksgruppe am 23. Februar informierte der Grüne Landesvorsitzende und Direktkandidat für den Neuköllner Wahlkreis 5 Daniel Wesener über die Pläne des Senats.

Nur wenige Stunden vor dem Treffen war der Beschluss des Senats gefallen. Bisher herrschte bei der Verteilung der Unterkünfte auf die Bezirke Chaos. "Es gab verschiedene Listen vom Senat, aber niemand wusste zu 100 Prozent, wo die Standorte sein werden", so Wesener. Teilweise erfuhr die Öffentlichkeit nur aus der Zeitung von den neuesten Plänen. Denn in der Großen Koalition wurde bis zuletzt heftig gestritten. Nun kam die Einigung.

Pro Bezirk werden mindestens fünf und maximal neun Grundstücke mit Unterkünften belegt. Bis zu 34.000 Menschen sollen so untergebracht werden. Bezirke, die im Vergleich bisher weniger Plätze anbieten als andere, werden prioritär herangezogen. Das betrifft besonders Neukölln, denn der Bezirk liegt bei der Anzahl der untergebrachten Geflüchteten im Moment auf dem letzten Platz.

Aus Sicht der Grünen sollte es aber nicht um Zahlen allein gehen, sondern vor allem um eine nachhaltige Stadtentwicklung. „Mehrere kleine und dezentrale Unterkünfte sind mitunter sinnvoller als fünf große“, so Wesener. Für eine gute Integration seien die soziale Mischung, genügend Kita- und Schulplätze sowie eine vernünftige Verkehrsanbindung entscheidend. Ginge es nach den Grünen, sollten die Wohneinheiten langfristig nicht nur den Geflüchteten zur Verfügung stehen, sondern zum Beispiel auch Student*innen.

Berlin ist nicht das erste Bundesland, das auf die "Modularbauten als Unterkünfte für Flüchtlinge" zurückgreift, die sogenannten MUFs. Im Vergleich zu Containern sind sie komfortabler, vor allem aber haben sie eine deutliche längere Lebensdauer: Je nach Bauweise sollen sie mindestens 30 Jahre, bestenfalls sogar bis zu 100 Jahre halten. Im Gegensatz zum Senat setzen die Grünen dabei nicht nur auf Fertighäuser aus Beton. Holzmodulbauten wären deutlich nachhaltiger, kostengünstiger und schneller zu errichten. "Auch MUFs sind keine Dauerlösung, aber allemal besser als die Belegung von Turnhallen und Massenunterkünfte", sagte Wesener beim Treffen der Bezirksgruppe.

59 potentielle Standorte wurden ermittelt, die Finanzverwaltung prüfte dafür mehr als 5.000 Grundstücke. Für Neukölln stehen derzeit folgende Standorte auf der Liste des Senats: Gutschmidtstr. 37, 43, 53; Hermannstr. 84-90; Hermannstr. 133; Kiefholzstr. 74; Matthäusweg 2,4,6; Gerlinger Str. 25-29; Späthstr. 33-39 (an der Grenze zu Treptow-Köpenick).

Wesener wies darauf hin, dass der Bezirk alternative Vorschläge machen kann, wenn er Flächen kennt, die besser geeignet sind. Das Gelände des Mitmachzirkus Mondeo wurde auf Druck des Bezirksamtes bereits von der Liste gestrichen. Noch offen ist die Zukunft des Grundstücks in der Kiefholzstraße, das zur Zeit vom Wagenplatz Schwarzer Kanal genutzt wird. In der Bezirksverordnetenversammlung gab es darüber eine ausführliche Debatte.

Neues aus der BVV

Das beherrschende Thema in der 48. Bezirksverordnetenversammlung am 24. Februar 2016 war die Unterbringung von Geflüchteten in Neukölln. Nach der Entscheidung des Senats am Vortag folgte in der BVV eine hitzige Diskussion über die Standorte im Bezirk. Auch die Themen Verdrängung, Mietpreise und Milieuschutz sorgten für Aufregung – und für den Rauswurf einer aufgebrachten Bürgerin.

 

Planungschaos des Senats: Unfähigkeit oder Sabotage?

Gleich zwei Große Anfragen, eine Mündliche Anfrage und zwei Anträge beschäftigen sich bei der 48. Bezirksverordnetenversammlung mit der Unterbringung von Geflüchteten in Neukölln. Die Grüne Fraktion kritisierte in einer Großen Anfrage das anhaltende Planungschaos des Senats bei der Festlegung von Standorten für neue Unterkünfte.

Erst nach wochenlanger Diskussion hatte der Senat am Vortag endliche eine Entscheidung getroffen und eine Liste mit Standorten in ganz Berlin veröffentlicht. Fraktionsvorsitzende Gabriele Vonnekold interessierte deshalb vor allem, inwiefern das Bezirksamt vorab an dieser Auswahl beteiligt war und nach welchen Kriterien die einzelnen Standorte ausgewählt wurden.

Die Antwort von Bezirksbürgermeisterin Franziska Giffey fiel aus wie befürchtet: Die Kriterien, die zur Auswahl geführt hätten, seien nicht bekannt. "Die Bezirke waren daran nicht beteiligt, konnten sich aber dazu äußern", so Giffey. Zumindest das Gelände des Mitmachzirkus Mondeo sei durch den Einsatz des Bezirksamtes schließlich von der Liste gestrichen worden.

Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Jochen Biedermann konnte sich über die Entscheidung des Senats nicht freuen. Schon vor Jahren sei in der Bezirksverordnetenversammlung für vernünftige neue Unterkünfte gestritten worden. Aber selbst im vergangenen Jahr habe das LaGeSo noch eine geplante Unterkunft in der Karl-Marx-Straße immer wieder unnötig verzögert. "Umso ärgerlicher ist es, dass jetzt übereilt Fakten geschaffen werden", so Biedermann.

Über Wochen habe der Bezirk von den Pläne des Senats aus der Zeitung erfahren. Das ewige Hin und Her habe dazu geführt, dass niemand den aktuellen Sachstand kannte – und ob er in einem Monat, einer Woche oder morgen noch gilt.

"Dass die aktuelle Situation eine enorme Kraftanstrengung erfordert und Neukölln seinen Beitrag leisten muss, das steht außer Frage", sagte Biedermann. Doch der Senat habe mit seiner schlechten Kommunikation ein weiteres Mal bewiesen, wie man das Vertrauen und die Mehrheit für die eigenen Pläne verspielt. "Man muss sich deshalb fragen: Ist das Unfähigkeit oder Sabotage?"

 

Der Schwarze Kanal soll für Geflüchtete Platz machen

Während oben im Rathaus die BVV tagte, demonstrierten unten vor der Tür Aktivist*innen des Wagenplatzes Schwarzer Kanal. Auch das Gelände des queer-feministischen Vereins in der Kiefholzstraße steht als Standort auf der Liste des Senats für neue Geflüchtetenunterkünfte.

Das Wohnprojekt ist vor einigen Jahren aus Kreuzberg nach Neukölln umgezogen und wird momentan nur geduldet. "Der Nutzungsvertrag ist ausgelaufen, baurechtlich liegt keine Genehmigung vor", so Franziska Giffey. Die Unterbringung in der Kiefholzstraße sei nur als Übergangslösung geplant gewesen.

Im Moment leben hier etwa 20 Menschen auf 8000 Quadratmetern. Eine Modulare Unterkunft für Geflüchtete benötigt laut Senat rund 5000 Quadratmeter und soll bis zu 500 Menschen ein zu Hause bieten. Damit steht das linke Projekt, das sich selbst für Geflüchtete und ihre Integration einsetzt, vor einem Dilemma.

Gabriele Vonnekold schlägt deshalb einen Kompromiss vor: "Ich sehe gute Chance für eine gemeinsame Nutzung", sagte die Grüne Fraktionsvorsitzende. "Der Verein hat sich schon vorher für Geflüchtete eingesetzt. Deshalb hat er bestimmt großes Verständnis, dass die Menschen aus den Turnhallen rausmüssen und ist ganz vorne mit dabei, wenn es um eine vernünftige Unterbringung geht."

Auch Giffey schloss eine Kompromisslösung nicht aus. Auf 8000 Quadratmetern komme eine gemeinsame Nutzung durchaus in Frage. Der Bezirk sei in diese Entscheidung allerdings kaum involviert. "Wir können das nur schwer beeinflussen." Bevor sie sich für das Projekt einsetze, wolle sie es erst mal besser kennenlernen.

Jochen Biedermann forderte vor allem eine bessere Kommunikation mit den Betroffenen. Bisher habe man den Verein überrumpelt und einfach vor vollendete Tatsachen gestellt. "Bei dem Gelände handelt es sich um einen der wenigen Standorte mit Wohnnutzung. Da kann es doch nicht zu viel verlangt sein, dass man sich an einen Tisch setzt und miteinander spricht", sagte Biedermann. "Das wäre die Pflicht und Verantwortung des Senats gewesen."

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Zweckentfremdung: Was ist hier schief gelaufen, Herr Blesing?

Ein Dauerbrenner in der Bezirksverordnetenversammlung ist das Thema Leerstand. Obwohl das Zweckentfremdungverbot bereits 2014 eingeführt wurde, lässt der große Erfolg weiter auf sich warten. Stadtrat Blesing begründet das vor allem mit Personalmangel: Mit nur zwei Mitarbeitern gehe es eben nicht schneller.

Jochen Biedermann hat dafür durchaus Verständnis. "Niemand erwartet von zwei Mitarbeitern Wunder", sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende. Weniger Verständnis hat er dagegen für Blesings Aussagen in einem Artikel über das seit Jahren leerstehende Haus in der Hasenheide 119. Dort wurde der Stadtrat zitiert: "Ja, die Hasenheide 119 ist uns bekannt. (…) Im Oktober 2015 gab es eine Zweckentfremdungsanzeige. Wir haben das überprüft, tatsächlich Leerstand festgestellt und den Eigentümer angeschrieben. (…) Die Anzeige kam erst vor ein paar Monaten rein. Ob das Haus schon vorher leer war, entzieht sich unserer Kenntnis."

Über diese Behauptung konnte sich Biedermann nur wundern. "Allein in der BVV haben wir drei Mal im Rahmen von Anfragen über den Leerstand gesprochen", konfrontierte er Blesing. Auf der Internetseite Leerstandsmelder.de, die vom Bezirksamt laut eigener Aussage genutzt wird, sei die Immobilie bereits seit 2012 gelistet. "Wenn ich ihr Zitat lese, frage ich mich, was in den letzten drei Jahren schief gelaufen ist", sagte Biedermann.

Gerade bei prominenten Häusern sei es doch besonders wichtig, genauer hinzuschauen und pressewirksam dagegen vorzugehen. Das Signal müsse sein "Das wird nicht toleriert" – statt "Was vorher passiert ist, interessiert uns nicht". "Sollen wir die Meldungen von Leerstandsmelder.de abschreiben und einreichen?", fragte er den Stadtrat. "Oder was schlagen Sie vor, wie man mit den zwei Mitarbeitern einen maximalen Erfolg erzielen kann?"

Blesing blieb auf alle diese Fragen eine Antwort schuldig. Er wies lediglich daraufhin, dass das Zweckentfremdungsverbot erst seit dem Jahr 2014 bestehe. "Erst seitdem gibt es eine Verpflichtung, dem Tatbestand nachzugehen", so Blesing. "Vorher hatte uns das überhaupt nicht zu interessieren."

 

Erster Milieuschutz in Neukölln erreicht – aber SPD und CDU verzögern weiter

Die jahrelangen Bemühungen der Grünen haben sich ausgezahlt: Am Freitag, den 26. Februar 2016, ist endlich der Milieuschutz für den Reuter- und Schillerkiez in Kraft getreten. Das ist eine gute Nachricht für die Neuköllner*innen. Aufwändigen und kostentreibenden Modernisierungen wird damit ebenso ein Riegel vorgeschoben wie der Umwandlung von Mietshäusern in Eigentumswohnungen.

Der Druck aus der Neuköllner Politik und Zivilgesellschaft hat die SPD schließlich zum Einlenken bewegt – zumindest verbal. In der Praxis hat das SPD-geführte Bezirksamt den Milieuschutz bis zuletzt gebremst und verzögert. Die notwendige Personalaufstockung hat Stadtrat Blesing erst spät und halbherzig auf den Weg gebracht. Dem schon im Sommer von der BVV beschlossenen Aufstellungsbeschluss ließ er monatelang keine Taten folgen. Zahlreiche Luxusmodernisierungen und Umwandlungen in den letzten Monaten hätten durch konsequentes politisches Handeln verhindert werden können.

In der Bezirksverordnetenversammlung fragte Jochen Biedermann den Stadtrat deshalb, ob er Verständnis dafür habe, "dass die Bewohner in den Kiezen angesichts der Tatsache, dass der Milieuschutz bereits im Juli beschlossen wurde, jetzt verwundert und frustriert sind, dass die Umsetzung so lange dauert".

Blesing fiel dazu als Antwort nur ein, auf das allgemeine Unwissen der Bevölkerung hinzuweisen. Natürlich habe er Verständnis "dass dem Normalbürger nicht bewusst ist, dass, was heute beschlossen wurde, nicht automatisch morgen in Kraft tritt". Seine Abteilung habe momentan eine Durststrecke, "das ist eben leider so".

Ein Antrag von Grünen und Linken, der weitere Aufstellungsbeschlüsse für die Gebiete vorsieht, in denen aktuell die gesetzlich vorgeschriebenen Voruntersuchungen für soziale Erhaltungssatzungen stattfinden, wurde im Stadtentwicklungsausschuss abgelehnt. Mit diesem Instrument aus dem Baugesetzbuch könnten entsprechende Bauanträge und Umwandlungen für ein Jahr gestoppt werden – so lange, bis die Voruntersuchungen beendet und die Milieuschutzgebiete ausgewiesen sind. Jede Umwandlung in Eigentumswohnungen und jede Luxusmodernisierung im Körner-, Flughafen-, Donau- und Richardkiez hätte man auf diesem Weg wirkungsvoll unterbinden können. Einmal vollzogen, lassen sie sich dagegen nie wieder zurückdrehen.

Jochen Biedermann

 

Friedelstraße 45: "Sagen Sie doch einfach, dass es Sie nicht interessiert!"

Vor den Türen des Rathauses protestierten nicht nur Aktivist*innen des Wagenplatzes Schwarzer Kanal. Auch Vertreter*innen anderer lokaler Kiezinitiativen nahmen an der öffentlichen BVV teil, um sich für ihre Projekte einzusetzen.

In der Bürger*innenfragestunde wollte Luis Albrand aus dem linken Wohnkollektiv in der Friedelstraße 54 wissen, ob das Bezirksamt die Bewohner*innen in ihrem Kampf gegen finanzielle Härte und soziale Verdrängung unterstützen könne. Nach ungewollten Modernisierungsmaßnahmen durch die Eigentümerfirma müssten sie nun mit Mieterhöhungen um bis zu 200 Prozent rechnen.

Auch die Existenz des Kiezladens im Erdgeschoss des Hauses sei bedroht. Albrand bat das Bezirksamt, bei einer einvernehmlichen und friedlichen Lösung des Konfliktes zwischen Bewohner*innen und Eigentümer*innen zu helfen, der durch die Kündigung der Vereinsräume eskaliert sei. "Kann uns das Bezirksamt zum Beispiel mit einem runden Tisch unterstützen?", fragte er Blesing.

Doch der Stadtrat wehrte das Hilfsgesuch sofort ab. "Wir können keinen direkten Einfluss auf Miethöhen, Mietverträge oder Kündigungen nehmen", so Blesing. Auch der Milieuschutz trete erst in Kraft, wenn das benötigte Personal vorhanden sei.

Nicht mal die Unterstützung für einen Runden Tisch wollte er den Bewohner*innen der Friedelstraße zugestehen. "Sie überschätzen die Möglichkeiten des Amtes", antwortete er Albrand. "Ich kann zu ihrem Einzelfall nichts sagen." Seine Empfehlung an die Aktivist*innen, die seit mehr als einem Jahr im Konflikt mit den Eigentümer*innen des Hauses sind: Sie sollten doch mal versuchen, sich bei der Mieterberatung Unterstützung zu holen.

Nach dieser Aussage hielt es eine Zuschauerin auf der Tribüne nicht mehr aus. "Sagen Sie doch einfach, dass es Sie nicht interessiert, was mit den Bürgern ist!", rief Sie Blesing entgegen. "Sie sind doch die Brandstifter, Sie machen die Leute unzufrieden! Seit fünf Jahren hört man sich das jetzt an", empörte sich die Frau. Mit dieser Kritik wollte sich der Stadtrat offenbar ebenfalls nicht auseinandersetzen. Die Frau wurde von mehreren Wachleuten von der Tribüne geführt. Blesings einziger Kommentar: "Ich glaube, ich war fertig."

Termine

Treffen der Bezirksgruppe: 15. März 2016, 19 Uhr, Grüne Geschäftsstelle, Berthelsdorfer Str. 9, 12043 Berlin

Sitzung des Vorstands: 22. März 2016, 19.30 Uhr, Grüne Geschäftsstelle

Öffentliche Sitzung der Grünen BVV-Fraktion: 4. und 11. April 2016, 19 Uhr, Rathaus Neukölln, Raum A 308, Karl-Marx-Str. 83, 12043 Berlin

Öffentliche Sitzung der BVV Neukölln: 13. April 2016, 17 Uhr, Rathaus Neukölln, BVV-Saal

Bürger*innensprechstunde von Sozialstadtrat Bernd Szczepanski: 16. März 2016, 13 Uhr, Bürger*innenzentrum Neukölln, Big Ben Büro, Werbellinstr. 42, 12053 Berlin

Treffen von GewerkschaftsGrün Berlin & Brandenburg: 10. März 2016, 19 Uhr, Grüne Geschäftsstelle

Die Termine der einzelnen BVV-Ausschüsse sind auf den Seiten des Bezirksamtes zu finden.

 

Impressum

Verantwortlich gemäß § 5 Telemediengesetz (TMD):

Bündnis 90/Die Grünen Neukölln
Berthelsdorfer Str. 9
12043 Berlin

Redaktion:

Sabrina Markutzyk

Wir sind für Sie erreichbar:

Dienstags: 16-18 Uhr
Mittwochs: 10-13 Uhr (nicht an BVV-Sitzungstagen, Sitzungstermine hier)
Donnerstags: 16-18 Uhr
Freitags: 10-13 Uhr

Während dieser Zeiten erreichen Sie uns telefonisch unter 030 / 671 208 - 12.
Sie können uns auch gerne ein Fax schicken unter 030 / 671 208 - 11.
Natürlich sind wir jederzeit per e-mail erreichbar unter info(at)gruene-neukoelln.de

www.gruene-neukoelln.de