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In eigener Sache

Liebe Freundinnen und Freunde,

wir freuen uns, Ihnen und Euch mit unserem „Stacheligen Infobrief“ Neuigkeiten aus der Neuköllner Bezirkspolitik präsentieren zu können.

Wir Neuköllner Grünen können stolz darauf sein, was wir in den letzten Monaten erreicht haben: Bei der Europawahl sind wir mit 20,9 Prozent der Stimmen zweite Kraft im Bezirk geworden und haben die CDU hinter uns gelassen. Auch der Abstand zur SPD (23,4 Prozent) ist überschaubar. Wir haben einen tollen Wahlkampf gemacht und sind auf einem guten Weg. Ein gutes Ergebnis, das gleichzeitig Auftrag für die Zukunft ist, den wir sehr gerne annehmen. Eine Auswertung der Europawahl mit einem Ausblick auf die zukünftige Arbeit der Grünen Fraktion im Europaparlament nimmt unser Spitzenkandidat Sven Giegold zum Abschluss dieses Newsletters vor. 

Ein weiterer großer Erfolg der vergangenen Monate, für den wir seit Beginn der ersten Stufe der Volksinitiative unermüdlich mitgekämpft haben, war der eindeutige Gewinn des Volksentscheids zum Erhalt des Tempelhofer Feldes. Mehr dazu und wie es jetzt weitergehen kann findet Ihr unter Aktuelles aus dem Kiez. Die abstrusen Einlassungen von Bezirksbürgermeister Buschkowsky zum Ergebnis des Volksentscheids greifen wir nochmal im Bericht aus der BVV auf. 

Außerdem gibt es Infos zu den Themen Einbürgerungsfeiern, Arbeit gegen Rechts und Ton-Mitschnitte aus der BVV. 

Lasst uns am Dienstag bei der letzten Bezirksgruppe vor der Sommerpause nochmal gemeinsam auf diese Erfolge anstoßen und dann im August mit neuem Elan die Arbeit wieder aufnehmen. 

Viel Spaß beim Lesen wünscht

Andreas Audretsch, Mitglied des Vorstandes

Aktuelles aus dem Kiez

Tempelhofer Feld: Wie geht's weiter nach dem Volksentscheid?

Viel klarer hätte die politische Ohrfeige für den rot-schwarzen Senat am Abend des 25. Mai kaum ausfallen können: Nach langem Bangen stand kurz nach 21 Uhr endgültig fest, dass das Tempelhofer Feld nicht nach den Vorstellungen von SPD und CDU und der ihnen nahestehenden Baufreund_innen massiv umgestaltet und zugebaut werden darf. Beim Volksentscheid haben sich nicht nur 739.124 Berlinerinnen und Berliner bzw. 64,3 % mit einem JA für den Gesetzentwurf der Initiative „100 % Tempelhofer Feld“ ausgesprochen und mit 29,7 % der Abstimmungsberechtigten das erforderliche Quorum von 25 % deutlich übertroffen. Ebenso eindeutig wurde der ebenfalls zur Abstimmung stehende Gesetzentwurf des Abgeordnetenhauses abgelehnt, der genau genommen nur ein Gesetzentwurf der rot-schwarzen Regierungskoalition war – ein gemeinsamer Entwurf aller Fraktionen war an der Weigerung von SPD und CDU gescheitert, wirklich sozialen Wohnungsbau und echte Bürger_innenbeteiligung auch klar gesetzlich festzuschreiben. 588.586 Berliner_innen bzw. 51,2 % haben hier mit NEIN gestimmt und sich damit explizit gegen die Politik des Senats ausgesprochen. Damit ist der so genannte Masterplan endgültig vom Tisch. (Das amtliche Endergebnis findet sich hier auf der Seite der Landeswahlleiterin).

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Entgegen der vom Senat im Vorfeld der Abstimmung propagierten Behauptung heißt das jedoch nicht, dass es auf dem Feld in Zukunft gar keine Veränderungen mehr geben kann. Ganz im Gegenteil, auch mit dem beschlossenen Gesetz ist weiterhin sehr vieles möglich. So können im äußeren Wiesenring neue ungedeckte Sportflächen angelegt und dauerhafte Parkbänke und Tische sowie sanitäre Anlagen und so genannte fliegende Bauten installiert werden. Schattenspendende Bäume dürfen gepflanzt, Hinweistafeln zur Geschichte des Feldes aufgestellt und die sehr beliebten offenen Gemeinschaftsgärten weiter betrieben werden. Selbst im inneren Wiesenbereich, für den schärfere Richtlinien gelten, ist auch weiterhin Gastronomie möglich, es können mobile Bänke, Tische, Liegen, Sonnenschirme sowie Fußballtore und Geräte für Kinderspielplätze außerhalb der geschützten Wiesenflächen installiert werden, solange sie nicht dauerhaft einbetoniert sind. Gesetzlich verboten auf der gesamten Fläche sind jetzt lediglich Neubauten und Erweiterungen der bestehenden Gebäude, Aufschüttungen, Ausgrabungen, Camping und Zäune. Und der teilweisen oder völligen Privatisierung dieser gesamtstädtisch bedeutsamen Freifläche wurde endgültig der Riegel vorgeschoben.

Auch für die von der Gemeinde der Sehitlik-Moschee am Columbiadamm gewünschte Erweiterung ihres Friedhofs bedeutet das Ergebnis vom 25. Mai entgegen der früheren Behauptung der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung nicht das Aus. Eine befestige Einfriedung mit einer Mauer ist zwar mit dem neuen Gesetz nicht möglich – aber die ist auch nicht zwingend nötig. Eine Möglichkeit wäre eine Hecke. In islamischen Ländern sind Friedhöfe meist nicht durch Mauern vom Umfeld abgetrennt, sondern offen zugänglich und auch hierzulande ist das nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Die Frage der Friedhofserweiterung muss also neu verhandelt werden: In einem transparenten und breit angelegten Beteiligungsverfahren, in dem auch die Vertreter_innen der Moschee-Gemeinde ihre Vorstellungen einbringen können. Und dieser Ansatz einer breiten und transparenten Beteiligung gilt auch für alle anderen Planungen auf dem Tempelhofer Feld. Unsere Fraktion im Abgeordnetenhaus hat bereits einen entsprechenden Antrag gestellt, der nun im Ausschuss für Stadtentwicklung und Umwelt beraten wird.

Am vergangenen Mittwoch befasste sich unser Landesausschuss ebenfalls mit dem Ergebnis des Volksentscheids und der Frage, was das für uns Grüne bedeutet. Dabei zeigte sich, dass auch in unseren Reihen teilweise große Überraschung über die Deutlichkeit des Ergebnisses gab. Gründe für diese Entscheidung gab es bei den Abstimmenden sicherlich viele verschiedene, Einigkeit bestand bei unserer Auswertung jedoch darüber, dass die Berliner_innen damit nicht gegen eine weitere Entwicklung und Dynamik in ihrer Stadt gestimmt haben – sie haben lediglich gegen die Vorstellungen gestimmt, die der rot-schwarze Senat davon hat, weil sie ihm nicht mehr trauen und seinen Versprechungen nicht mehr glauben.

Der Volksentscheid hat auch sehr zur überdurchschnittlich hohen Wahlbeteiligung bei der Europawahl, insbesondere in den Anrainerbezirken, beigetragen. Das zeigt auch für uns, dass es entgegen aller Unkenrufe von steigender Politikverdrossenheit durchaus möglich ist, die Menschen mit Themen, die sie vor Ort bewegen, zum Wählen zu motivieren – auch wenn es sicher in Teilen auch eine Protestabstimmung gegen diesen Senat und seinen Politikstil war. Unser Landesvorsitzender Daniel Wesener fasste es zum Abschluss der Debatte noch einmal zusammen: „Das Ergebnis dieser Volksabstimmung ist eine Zäsur für die Stadtentwicklungspolitik in Berlin. Es zeigt, dass mit der Politik von oben endlich Schluss sein muss, und bringt wichtige Themen wie Beteiligung und eine wirklich soziale Wohnungspolitik nach vorne.“ Und hier sind wir Grünen gut aufgestellt: Die Bezirke, in denen es am meisten Neubau gibt in dieser Stadt, sind diejenigen mit Grünen Baustadträt_innen.

Annette Heppel, Vorstandsmitglied

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Einbürgerungsfeiern in Neukölln: Integrationsausschuss einbinden!

Alle 14 Tage werden rund 45 Neuköllnerinnen und Neuköllner – jung und alt – im Saal der Bezirksverordnetenversammlung im Rathauses Neukölln feierlich eingebürgert. Dann sitzen sie auf den Plätzen, auf denen normalerweise die Bezirksverordneten des Hauses sitzen und werden mit Nationalhymnen ihres Herkunftslandes musikalisch begrüßt. Das löst bei ihnen Ergriffenheit und Emotionalität aus – denn sie lassen von nun an etwas zurück, einen Teil der Identität und beginnen etwas Neues. 

Der BVV-Vorsteher und der stellvertretende Bürgermeister richten begrüßende Worte an die Neuköllner_innen, die dann einzeln aufgerufen werden und neben der Urkunde auch die deutsche Verfassung als Andenken an diesen Tag mitbekommen.

Die Grüne Fraktion hat in die BVV einen Antrag bezüglich der Einbürgerungsfeiern eingebracht, dass der Integrationsausschuss in die Durchführung der Feierlichkeiten eingebunden wird. Denn der Integrationsausschuss ist Vertreter der Interessen von Migrant_innen und allen Verbänden, die für und mit ihnen arbeiten. Die Mitglieder stellen somit eine Brücke zwischen ihnen und der Verwaltung dar.

Das Erhalten der Staatsbürgerschaft ist ein langer Weg und Abschluss eines Integrationsprozesses. Der politische Rahmen der Einbürgerungsfeier kann individuell gestaltet werden und es gibt keine rechtliche Grundlage, den Integrationsschuss bei der inhaltlichen Gestaltung auszuschließen.

Mahi Christians-Roshanai, BVV-Verordnete

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Neues aus der BVV

Die Bezirksverordnetenversammlung am Mittwoch, den 04. Juni 2014 im Rathaus Neukölln befasste sich unter anderem mit dem erfolgreichen Volksentscheid über die Zukunft des Tempelhofer Feldes sowie der Arbeit des Bezirksamts gegen Rechtsextremismus. Und dank der Piraten kam auch mal wieder ein Antrag für mehr Transparenz der BVV via Internet auf die Tagesordnung – den die SPD gleich wieder herunternehmen ließ.

 

Buschkowsky: Wählerinnen und Wähler „unendlich dumm“

„Die menschliche Dummheit ist unendlich“ – das titelte Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky in seiner regelmäßigen Kolumne für die BILD-Zeitung. Buschkowsky meinte damit die Neuköllnerinnen und Neuköllner. Rund 75 Prozent von ihnen stimmten beim Volksentscheid über die Zukunft des Tempelhofer Feldes für den Gesetzesentwurf von „100% Tempelhofer Feld". Sie entschieden sich damit gegen den Senatsplan – und den unterstützte wiederum Buschkowsky. Der Bürgermeister ließ Dampf ab und bezeichnete die Abstimmung als „Parteipolitik in Bürgertarnung“, bezichtigte die Gegner_innen des Senatsplans „dreister Volksverdummung“ und warf ihnen vor, das Feld nur sichern zu wollen, um darauf „Party zu machen“. In einer Entschließung forderten die Fraktionen von Grünen, Linken und Piraten von Buschkowsky eine öffentliche Entschuldigung. Die Kommentare Buschkowskys offenbarten „einen massiven Mangel an demokratischer Kultur“.

Buschkowsky äußerte sich zu diesem Antrag erwartungsgemäß nicht. Stattdessen bekam er Schützenhilfe vom SPD-Fraktionsvorsitzenden Lars Oeverdieck. Der nannte Buschkowskys Wutausbruch durchaus demokratisch: „Wir alle dürfen Ergebnisse von Volksentscheiden kritisieren“.  Das sei vom Grundrecht auf Meinungsfreiheit gedeckt und Teil einer ehrlichen politischen Debatte. „Kritik ist selbstverständlich erlaubt“, sagte Jochen Biedermann, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Grünen. „Doch in diesem Fall hat Herr Buschkowsky zum wiederholten Mal die Neuköllnerinnen und Neuköllner beschimpft – genau die Menschen, die er vertritt und für die er als Bezirksbürgermeister zu sprechen hat“, so Biedermann.

Die Linksfraktion beantragte anschließend geheime Abstimmung und versuchte so, die Fraktionsdisziplin der SPD und CDU aufzubrechen. Doch die Zählgemeinschaft blieb sich einig: Bis auf eine Enthaltung lehnte sie die Entschließung ab.

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Bezirkliche Arbeit gegen Rechtsextremismus wird fortgesetzt

Die SPD wiederum nahm ein anderes Thema zum Anlass, um Kritik zu üben – und zwar an der Arbeit des Grünen Bezirksstadtrats Bernd Szczepanski. Mit Beschluss der BVV vom 31. Oktober 2012 bat das Gremium das Bezirksamt, die Initiativen gegen Rechtsextremismus im Bezirk zu stärken, durch Information und Sensibilisierung einer Verbreitung von rechtsextremistischem Gedankengut entgegenzuwirken sowie Betroffene und Aktive zu unterstützen und zu vernetzen. Bernd Szczepanski übernahm das Amt des Beauftragten gegen Rechtsextremismus, um sich dem Kampf gegen Rassismus und Antisemitismus von bezirklicher Seite aus anzunehmen. Den Bericht zu dem Antrag legte Szczepanski nun vor.

Die SPD-Bezirksverordnete Mirjam Blumenthal lobte zwar die einzelnen Initiativen gegen Rechts, bezeichnete Szczepanskis Arbeit allerdings als „Stückwerk ohne roten Faden“, das ein Konzept benötige. Sczcepanski hingegen wies darauf hin, dass in dem Bericht nur darüber informiert wird, wie das Bezirksamt mit den konkreten Arbeitsaufträgen des Antrags von 2012 umgegangen sei. „Selbstverständlich ist meine Arbeit gegen Rechtsextremismus nicht abgeschlossen. Wir arbeiten kontinuierlich weiter. Ich versuche diesem Amt, das ich mir mehr oder weniger selbst angetragen habe, bestmöglich gerecht zu werden“, so Sczcepanski. Wenn die SPD einen noch stärkeren Einsatz gegen Rechts mit einem „roten Faden“ wünsche, so könne sich die SPD selbst dafür einsetzen, ihm mehr finanzielle und personelle Ressourcen zur Verfügung zu stellen, sagte Szczepanski.

Jochen Biedermann erinnerte außerdem daran, dass die SPD oftmals die Arbeit gegen Rechts ausbremse. Der zur Diskussion stehende Antrag ging monatelang durch etliche Ausschüsse. Das von Grünen, Linken und Piraten initiierte Neuköllner Register gegen Rechtsextremismus wurde so lange von der Zählgemeinschaft bemängelt und abgeändert, bis der Senat selbst die Finanzierung übernahm. Und andere Anträge zu Rechtsextremismus, wie etwa zur Fortbildung von Wachschutz und pädagogischem Personal an Schulen hätten CDU und SPD einfach abgelehnt.

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SPD schweigt zu Veröffentlichung von BVV-Tonaufnahmen

Die Piraten-Fraktion forderte in einem Antrag mehr Transparenz der BVV. Konkret verlangte sie die Veröffentlichung von Tonaufnahmen auf der Webseite der BVV nach jeder Sitzung. Schon jetzt können sich interessierte Bürger_innen Tonaufnahmen beim BVV-Büro abholen. Die Piraten argumentieren zurecht, dass eine Online-Veröffentlichung den Zugang erleichtern würde. 

In der Regel wird ein solcher Antrag zuerst in den entsprechenden Ausschuss verwiesen und dort diskutiert. Piraten-Fraktionschef Steffen Burger wollte aber die gesamte BVV konsultieren und unter anderem diskutieren, wie das Löschen von Aufnahmen nach einer bestimmten Zeit sowie das Wegschneiden von sensiblen Informationen in Ausnahmefällen umsetzbar sei. 

„Der verantwortliche Ausschuss für die Geschäftsordnung tagt nicht öffentlich. Doch dieser Antrag thematisiert ja genau den Zugang unserer Arbeit für die Öffentlichkeit. Die Menschen sollen wissen, warum wir ihnen diesen Service bieten oder warum nicht“, sagte Burger. Die SPD wollte dieser Argumentation allerdings nicht folgen und lehnte den Antrag ab. Detailfragen sollten im Ausschuss geklärt werden. Das sei der übliche Ablauf. Die Sozialdemokraten wollten sich auch nicht dazu äußern, wie sie generell zu einer Veröffentlichung von Tonaufnahmen auf der BVV-Webseite stehen. Will die SPD mehr Transparenz in der Bezirkspolitik? Die Antwort bleibt vorerst ein Geheimnis.  

Weitere beschlossene oder abgelehnte Anträge:

Dario Sarmadi, Redaktion

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Neue Europagruppe Grüne: Brücke zwischen Bürger_innen und EU-Instiutionen

Mit den vergangenen Europa- & Kommunalwahlen haben wir Grünen uns aus dem Tief der Bundestagswahl herausgearbeitet. Durch überzeugende Arbeit in Kommunen, Land und Europaparlament haben wir ein starkes Ergebnis geschafft. Zu unseren elf deutschen Grünen konnten wir die Piratin Julia Reda und den ÖDP-Abgeordneten Prof. Buchner dazu gewinnen. Unsere Europafraktion ist zwar leider etwas geschrumpft, hat aber immerhin Mitglieder aus mehr Ländern als vorher: Auch aus Ungarn, Spanien und Kroatien haben wir jetzt Grüne Abgeordnete. In Schweden und Österreich konnten Grüne mehr Mandate gewinnen, nicht zuletzt durch klar pro-europäische Positionen gegen die Populist_innen der SchwedenDemokraten und der FPÖ.

Bei aller Freude über das gute Grüne Wahlergebnis in Deutschland: Europa steckt in einer tiefen Krise. Der Süden, aber auch Frankreich und Großbritannien versinken in wirtschaftlichen Problemen, Arbeitslosigkeit und politischem Populismus. Im neuen Europaparlament werden 30 Prozent Gegner der europäischen Einigung sitzen, auch aus Deutschland. Es besteht die Gefahr, dass die Unterstützung für unser gemeinsames Haus Europa weiter schrumpft. Darauf müssen wir reagieren gemeinsam mit allen Proeuropäer_innen und als Grüne ganz besonders. Die meisten Bürger_innen wollen weiterhin die Europäische Einigung. Sie glauben aber, dass die jetzigen EU-Institutionen und die europäischen Eliten diese gute Idee oftmals schlecht umsetzen.

Europa braucht eine entschlossene Reaktion auf dieses Wahlergebnis. Viele Bürgerinnen und Bürger haben das Gefühl, dass sie von der europäischen Einigung wenig profitieren. Europa bedeutet für sie all zu oft undemokratische Entscheidungen, Sparprogramme und einseitige Orientierung auf Wettbewerb und Konkurrenz am Arbeitsmarkt. In vielen Ländern wurden die Rechtspopulist_innen vor allem von Bürger_innen gewählt, die aus Regionen kommen, die von der raschen Vereinigung unseres Kontinents weniger profitiert haben. Insofern ist der Rechtspopulismus auch ein Ausdruck sozialer und regionaler Spaltung der Gesellschaft. Europa braucht daher nachhaltige Investitionen in Gemeinschaftsprojekte, die europäische Identität schaffen können und auch denen nützen, die von der Europäischen Einigung bislang abgehängt wurden. Dazu gehören beispielsweise schnelle Internetanschlüsse für alle Regionen, Erasmus für alle – gerade auch für Auszubildende, eine Europäische Anstrengung für die Umstellung auf Erneuerbare Energien und Energieeffizienz, ein gemeinsamer Fernsehsender wie ARTE, aber für ganz Europa. Damit würde Europa den Ruf verlieren, nichts für die Schaffung nachhaltiger Jobs zu tun, und die einseitige Orientierung auf Strukturreformen überwinden. Unseren Grünen New Deal müssen wir so ausbuchstabieren und weiterentwickeln.

Finanzieren ließe sich das auch durch mehr Europäische Zusammenarbeit – nämlich bei der Bekämpfung von Steuerflucht, Steuerhinterziehung und Steuerdumping sowie der Streichung umweltschädlicher und unnützer Subventionen. Profite großer Unternehmen leisten im verschärften Steuerwettbewerb kaum noch einen Beitrag zur Gemeinschaft. Kleine und mittlere Unternehmen zahlen dafür drauf, während soziale und lokale Infrastruktur abgebaut werden.

Der Unwille der Bürger_innen kommt jedoch nicht nur vom Inhalt europäischer Politik, sondern auch davon, wie sie gemacht wird. Europas Demokratie ist viel besser als ihr Ruf. Schon jetzt sind zum Beispiel die Ausschüsse des Europaparlaments transparenter als im Bundestag und die EU-Kommission offener als die meisten deutschen Ministerien. Gleichzeitig habe ich während des Wahlkampfs die große Distanz zwischen Bürgerinnen und Bürgern und den Europäischen Institutionen gespürt. Fast in jedem Gespräch wurde deutlich, wie weit Brüssel weg ist, selbst wenn das Europaparlament nach wie vor den besten Ruf genießt. Das ist eine demokratische Zeitbombe, die uns Grünen nicht egal sein darf. Wir brauchen in der EU eine Offensive für eine echte Europäische Demokratie und müssen als Grüne auch unsere Arbeit im Europaparlament weiterentwickeln.

Die Europäische Demokratie muss vorbildlich werden für Transparenz und Freiheit von illegitimen Lobbyeinflüssen. Unser Lobbyistenregister muss endlich verbindlich für alle professionellen Interessensvertreter_innen werden, die in EU-Institutionen aktiv sind. Was für das Europaparlament gilt, muss auch im Rat der Mitgliedstaaten gelten: Sitzungen und Dokumente müssen weitgehend öffentlich werden. So können sich Konflikte zwischen Gemeinwohl und Einzelinteresse nicht mehr als Kampf nationaler Interessen tarnen. Interessenkonflikte müssen sowohl bei Abgeordneten als auch EU-Kommissar_innen durch längere Karenzzeiten vor neuen Jobs in der Wirtschaft und Offenlegungspflichten verhindert werden. Die direkte Mitbestimmung der Bürgerinnen und Bürger selbst kann gestärkt werden: Kommission und Parlament sollten sich verpflichten, auf eine erfolgreiche Europäische Bürger_inneninitative hin tatsächlich einen Gesetzgebungsprozess zu starten. Das Wahlrecht selbst sollte europäischer werden, letztlich mit ergänzenden europaweiten Listen der Parteien. Und selbstverständlich muss nun ein Spitzenkandidat der Europäischen Parteien bei der Europawahl EU-Kommissionspräsident werden und nicht ein_e Kandidat_in aus dem Hinterzimmer von Kanzlerin Merkel.

Aus dem Wahlergebnis können wir aber auch für unsere eigene Grüne Arbeit im Europaparlament lernen. Die Arbeit an der EU-Gesetzgebung war oft erfolgreich, aber zu wenig sichtbar. Wir müssen viel stärker aus der Brüsseler Blase heraustreten und Grüne Brücken für unsere Partner_innen in kritischer Zivilgesellschaft, nachhaltigen Unternehmen und Gewerkschaften in die EU-Institutionen bauen. Statt unzählige Veranstaltungen in Brüssel zu organisieren, muss mehr Energie in die Kommunikation zwischen Bürger_innen und Europaparlament fließen. Flüchtlingsinitiativen, TTIP-Kritiker_innen, Gegner_innen von Fracking und Massentierhaltung, Unternehmen für zukunftsfähige Produkte und Dienstleistungen usw. können wir mit den Ressourcen unserer Fraktion europäische Begegnungen untereinander und mit uns Abgeordneten ermöglichen. So machen wir deutlich: Grüne kämpfen in Brüssel für ihre Anliegen. Für sie muss Europäische Demokratie erfahrbar werden – durch aktive und starke Grüne. Europas soziale und demokratische Leerstellen können wir nur mit der Unterstützung unserer Verbündeten füllen.

Sven Giegold, MdEP

Sven Giegold ist seit 2009 Abgeordneter für Bündnis 90/Die Grünen im Europäischen Parlament und finanz- und wirtschaftspolitischer Sprecher der Fraktion Die Grünen/EFA. Vor kurzem wurde er auch zum Sprecher der deutschen Delegation in der Fraktion gewählt. Mehr zu ihm und seiner Arbeit unter www.sven-giegold.de

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Einladung zum Grünen Kino „Land in Sicht“

Beim letzten Treffen unserer Bezirksgruppe vor der Sommerpause am 17. Juni 2014 um 19 Uhr in unserer Geschäftsstelle befassen wir uns mit dem Thema Alltag von Flüchtlingen in Deutschland. Wir verbinden die Debatte mit unserer Reihe Ganz Grünes Kino für Neukölln und zeigen den preisgekrönten Dokumentarfilm „Land in Sicht“ (2013) von Judith Keil und Antje Kruska, den Regisseurinnen von „Der Glanz von Berlin“ (2001) und „Dancing With Myself“ (2006).

Worum geht's? Abdul, ein Scheich aus dem Jemen, Farid aus dem Iran und Brian aus Kamerun sind in einem abgelegenen Asylbewerberheim im kleinen Ort Belzig in der Brandenburger Provinz gestrandet. Von hier aus suchen sie nach Wegen in die deutsche Gesellschaft. Auf Dorffesten, Ämtern und Diskotheken prallen ihre Vorstellungen von Deutschland mit den Mentalitäten der Brandenburger_innen aufeinander. Anstelle von Betroffenheit rückt „Land in Sicht“ die unfreiwillige Komik dieses Aufeinandertreffen in den Blick.

„Land in Sicht“ gewann beim 56. Internationalen Leipziger Festival für Dokumentar- und Animationsfilm den „Dokumentarfilmpreis des Goethe-Instituts“. Die Begründung der Jury: „In der aktuellen Diskussion um die Migration nach Europa zeigt dieser Film auf sehr einfühlende Art und Weise die täglichen Probleme, mit denen Flüchtlinge in Deutschland konfrontiert werden. Durch feinen Humor und genaues Hinschauen schafft es der Film, in Augenhöhe mit den Protagonisten ein facettenreiches Panorama vom Zusammenleben zwischen Deutschen und Migranten in einer deutschen Kleinstadt zu zeichnen. Mit Hartnäckigkeit und viel Empathie dringen die Regisseurinnen bis in das Herz der deutschen Bürokratie vor und brechen so auch gängige Clichées der brandenburgischen Provinz auf. Durch den Ankauf des Filmes für die 150 Goethe-Institute weltweit und die Untertitelung in mindestens sieben Sprachen wird eine Auseinandersetzung mit diesem globalen Thema ermöglicht.“

Im Anschluss der Vorführung laden wir bei Getränken und Snacks zum Gespräch über den Film ein.

Mehr Informationen über den Film, die Protagonisten sowie einen Trailer gibt es hier auf der Webseite von „Land in Sicht“.

Presseberichte:

Schwierige Integration - „Land in Sicht“, Kurzrezensionen zum Filmstart und Interview mit den Regisseurinnen; RBB online, 22.01.2014

In aller Tragik komisch: "Land in Sicht" zeigt Ankommensversuche von Flüchtlingen in Brandenburg; Rezension auf Netz-gegen-Nazis.de, 24.01.2014

Antje Kruska und Judith Keil zu ihrem Film „Land in Sicht“, Interview mit den Regisseurinnen im Info-Radio, 21.01.2014

Discover This: Land in Sicht; Rezension (englisch) auf Stil in Berlin, 23.01.2014

Wie gewohnt ist auch dieses Treffen unserer Bezirksgruppe öffentlich und wir freuen uns auf viele Interessierte, die mit uns über dieses spannende und wichtige Thema diskutieren wollen.

Wir behalten uns jedoch vor, von unserem Hausrecht Gebrauch zu machen und Personen, die rechtsextremen Parteien oder Organisationen angehören, der rechtsextremen Szene zuzuordnen sind oder bereits in der Vergangenheit durch rassistische, nationalistische, antisemitische oder sonstige menschenverachtende Äußerungen in Erscheinung getreten sind, den Zutritt zur Veranstaltung zu verwehren oder von dieser auszuschließen.

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Termine

Bürger_innensprechstunde von Susanna Kahlefeld, MdA: 16. Juni 2014, 17-18:30 Uhr, Umweltconsulting Seminaretage, Neckarstr. 5, 12053 Berlin

Treffen der Bezirksgruppe: 17. Juni 2014, 19 Uhr, Grüne Geschäftsstelle, Berthelsdorfer Str. 9, 12043 Berlin; Thema: Alltag von Flüchtlingen in Deutschland mit Filmvorführung „Land in Sicht“

Kiezgespräch „Gute Schulen – schlechte Schulen“: 26. Juni 2014, 19 Uhr, Ort wird in Kürze auf der Webseite von Susanna Kahlefeld bekannt gegeben. Thema: Qualitative Unterschiede von Neuköllner Schulen. Wie kann die Situation verbessert werden?

Öffentliche Sitzung der Grünen BVV-Fraktion: 30. Juni und 07. Juli 2014, 19 Uhr, Rathaus Neukölln, Raum A 308, Karl-Marx-Str. 83, 12043 Berlin

Treffen der AG Stadtentwicklung: 03. Juli 2014, 19 Uhr, Grüne Geschäftsstelle

Bürger_innensprechstunde von Anja Kofbinger, MdA: 09. Juli 2014, 17-18 Uhr, Grüne Geschäftsstelle

Öffentliche Sitzung der BVV Neukölln: 09. Juli 2014, 17 Uhr, BVV-Saal, 2. Etage, Karl-Marx-Str. 83, 12043 Berlin

Vorstandssitzung: 22. Juli 2014, 19 Uhr, Grüne Geschäftsstelle

Die Termine der einzelnen BVV-Ausschüsse sind hier auf den Seiten des Bezirksamtes zu finden

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Impressum

Verantwortlich gemäß § 5 Telemediengesetz (TMD):

Bündnis 90/Die Grünen Neukölln
Berthelsdorfer Str. 9
12043 Berlin

Redaktion:

Sabrina Markutzyk

Wir sind für Sie erreichbar:

Dienstags: 16-18 Uhr
Mittwochs: 10-13 Uhr (nicht an BVV-Sitzungstagen, Sitzungstermine hier)
Donnerstags: 16-18 Uhr
Freitags: 10-13 Uhr

Während dieser Zeiten erreichen Sie uns telefonisch unter 030 / 671 208 - 12.
Sie können uns auch gerne ein Fax schicken unter 030 / 671 208 - 11.
Natürlich sind wir jederzeit per e-mail erreichbar unter info(at)gruene-neukoelln.de

www.gruene-neukoelln.de