Unterbringung von Geflüchteten auf dem Tempelhofer Feld

Die Situation von Geflüchteten in Berlin ist dramatisch. Die Unterbringung von tausenden Geflüchteten auf dem Tempelhofer Feld unter menschenunwürdigen Zuständen ist ein weiterer Beleg für das Versagen des Senats in dieser Frage.

Die Zustände in den Hangars des ehemaligen Flughafengebäudes sind unhaltbar. Die medizinische Versorgung ist mangelhaft. Privatsphäre gibt es nicht. Ehrenamtlichen wird die Arbeit erschwert. Angebote wie Sprachkurse und Kinderbetreuung finden nur vereinzelt statt. Am schlimmsten ist es um die hygienischen Zustände bestellt. Die aufgestellten Dixie-Klos reichen nicht aus, genauso wie die wenigen Duschcontainer, die hoffentlich nun zeitnah genutzt werden können. Waschmaschinen gibt es nicht. Dazu kommt die Abschottung von der Außenwelt, die die Unterbringung auf dem Gelände automatisch mit sich bringt. Die schnelle Verlegung in reguläre Unterkünfte erfolgt oft nicht, weshalb viele Menschen bereits seit mehreren Wochen in den Hangars leben. Unter solchen Bedingungen sind Konflikte, wie sie sich bereits ereigneten, vorprogrammiert.

Dass Menschen in Berlin zu tausenden unter diesen Umständen zusammenleben müssen, macht uns fassungslos und wütend. Für uns Grüne Neukölln steht außer Frage, dass eine Unterbringung in den Hangars des ehemaligen Flughafengebäudes oder in Traglufthallen auf dem Vorfeld besser ist als gar keine Unterbringung. Für uns ist allerdings ebenso klar: Solange der Senat dort Menschen unterbringt, müssen die Bedingungen menschenwürdig sein. Die offiziellen Qualitätsanforderungen des LaGeSo sollen erfüllt werden. Außerdem muss dafür gesorgt werden, dass Menschen wirklich nach wenigen Tagen in reguläre Unterkünfte umziehen können.

Die aktuellen Zustände zeigen aber auch, warum das Tempelhofer Feld zur Unterbringung von Geflüchteten sehr schlecht geeignet ist. Selbst für eine kurzfristige Unterbringung fehlt offensichtlich jegliche Infrastruktur und muss mit einem hohen finanziellen und Arbeitsaufwand geschaffen werden. Eine langfristige Unterbringung ist vor diesem Hintergrund vollkommen unsinnig. Die Unterbringung einer solch großen Zahl von Menschen birgt immer soziale und gesundheitliche Probleme. Die Abschottung und die Unsicherheit über die eigene Zukunft sind ein denkbar schlechter Start in ein neues Leben und erschweren die Integration ganz erheblich. Tempelhof darf keine dauerhafte Lösung werden!

Der Senat muss deshalb unverzüglich und in erster Linie auf eine dezentrale Unterbringung der ankommenden Menschen setzen. Hierfür müssen leerstehende Gebäude und bundeseigene Grundstücke schnellstmöglich auf ihre Tauglichkeit geprüft werden. Viel zu oft wurden dem LaGeSo Gebäude angeboten, ohne eine Reaktion zu erhalten. Das muss sich ändern. Ebenso sollte die Möglichkeit geprüft werden, leerstehende Gebäude zu beschlagnahmen. Darüber hinaus muss die illegale Ferienvermietung von Wohnungen endlich unterbunden werden. Die Zweckentfremdungsverbotsverordnung muss dazu konsequent durchgesetzt werden. Solange Schritte wie diese nicht ernsthaft angegangen werden, ist Tempelhof keine akzeptable Notlösung. Vielmehr wird der Verdacht genährt, dass der Senat entweder die Bebauung des Feldes doch auf dem Rücken der Geflüchteten erzwingen will oder schlichtweg unfähig ist.

Wir begrüßen zwar, dass die Abstimmung zur Änderung des Tempelhofgesetzes auf Druck der Initiative 100% Tempelhofer Feld, von Unterstützer*innen und von uns Grünen auf das nächste Jahr verschoben wurde und der Senat sich im Vorhinein mit Expert*innen sowie den Bürger*innen beraten will. Auch sehen wir es als guten Schritt an, dass die Unterbringungspläne nun auf die Hangars sowie die bereits versiegelten Flächen links und rechts des Vorfeldes beschränkt werden sollen. Wir erwarten allerdings noch deutlich mehr Klarheit und Beteiligung. Der Senat muss seine Pläne vollständig transparent machen und kommunizieren. Das bisherige Vorgehen war enttäuschend. Ein Volksentscheid hat einen hohen demokratischen Stellenwert und es ist unerträglich, dass der Senat eine Konfliktsituation heraufbeschworen hat, die vermeidbar gewesen wäre. Wir sind uns sicher, dass die Berliner*innen mehr Verständnis für eine temporäre Unterbringung auf dem  Tempelhofer Feld aufbringen, wenn der Senat die Lebensumstände für Geflüchtete dort menschenwürdig ausgestaltet, das Volksgesetz respektiert und verstärkt nach besseren Lösungen sucht. Wir fordern, dass die Lebensbedingungen der Geflüchteten unverzüglich verbessert werden und das Flugfeld sowie das Flughafengebäude tatsächlich nur als letzte Notlösung genutzt werden.