Stacheliger Infobrief 10/2012

Inhalt:

  • In eigener Sache
  • Neues aus dem Kiez
  • Neues aus der BVV
  • Termine Oktober

 

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In eigener Sache

Liebe Freundinnen und Freunde,

wir freuen uns, Euch mit unserem "Stacheligen Infobrief" Neuigkeiten aus der Neuköllner Bezirkspolitik präsentieren zu können.

In der Rubrik „Neues aus dem Kiez“  äußern wir uns zum neuen Buch "Neukölln ist überall" von Bürgermeister Heinz Buschkowsky. Unter „Neues aus der BVV“ haben wir die wichtigsten Ereignisse der BVV am 26. September 2012 zusammengestellt. Alle wichtigen Termine der Neuköllner Grünen findet ihr wie immer in der Kategorie „Termine“.

Viel Spaß beim Lesen wünscht

Francisca Fackeldey, Mitglied des Vorstandes

 

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Neues aus dem Kiez

Neukölln sind wir alle!

Wir haben die diskriminierenden Inhalte des neuen Buches "Neukölln ist überall" von Heinz Buschkowsky erschrocken zur Kenntnis genommen und sprechen uns entschieden gegen die vielen verleumderischen Äußerungen gegenüber Neuköllnerinnen und Neuköllnern aus. Das Neukölln das Herr Buschkowsky so bedrohlich zeichnet ist nicht das Neukölln, in dem wir uns tagtäglich bewegen, in dem wir leben, uns wohl fühlen, welches wir lieben und schätzen und in welchem wir Politik machen. Herr Buschkowsky verbreitet mit seinem Buch durch unreflektierte und aufgebauschte Angstszenarien einen schlechten Ruf über unseren Bezirk und beruft sich dabei hauptsächlich auf seine subjektive Wahrnehmung der Neuköllner Wirklichkeit. Die ebenso reale Aufwertung und Verdrängung im Bezirk ist ihm dagegen keine Zeile wert.

Buschkowskys Wahrheit stützt sich in weiten Teilen des Buches auf die Erzählungen meist ungenannter Fachleute, häufig verbunden mit islamophoben Vorurteilen. Diese Art der Auseinandersetzung mit einem so wichtigen Thema wie Integration, sendet Signale in die falsche Richtung und bedient populistische Stereotype. Wir solidarisieren uns mit allen in Buschkowskys Buch stigmatisierten Neuköllnerinnen und Neuköllnern und fordern den Bezirksbürgermeister auf seiner politischen Verantwortung nachzukommen und sich allen Neuköllner_innen gegenüber respektvoll und diskriminierungsfrei zu verhalten.

Francisca Fackeldey, Mitglied des Vorstandes 

 

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Neues aus der BVV

Saalverweise, eine diskriminierende Anfrage und ein vorzeitiger Sitzungsabbruch – die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) vom Mittwoch, 26. September 2012 hatte es in sich. Im Mittelpunkt standen die Themen Migration und Integration. Die Grüne Fraktion hat dabei in mehreren Anfragen und Anträgen klargestellt: Flüchtlingen muss das Recht auf ein menschenwürdiges Leben garantiert werden; Vorurteile gegenüber Religionen, wie dem Islam, haben kein Platz in Neukölln – erst recht nicht in der BVV.

Die Sitzung begann mit einer Premiere: Das erste Mal in dieser Wahlperiode wurden Zuschauer des Sitzungssaals verwiesen. Auf den Zuschauerrängen standen Mitglieder der <link http: bashkowsky.wordpress.com _blank>Gruppe Bashkowsky – ein parteiunabhängiges Kollektiv, das sich aus Protest gegen das neue Buch des Bürgermeisters gegründet hatte. Während einer Rede von Buschkowsky hielten die Aktivist_innen Buchstaben in die Höhe und formten gemeinsam den Slogan #Bashkowsky, beäugt von drei Beamten des Staatsschutzes. BVV-Vorsteher Jürgen Koglin (SPD) forderte die stillen Protestierenden auf, den Saal zu verlassen. Doch auch nach dem Rauswurf wurde der Bürgermeister mit symbolischer Kritik an seinem Buch konfrontiert: Mehrere BVV-Abgeordnete der Piraten, Linken und Grünen trugen schwarze T-Shirts mit der Aufschrift "Tschüssikowsky". 

Eine große Anfrage von CDU und SPD beschäftigte sich mit dem tragischen Tod eines sieben Monate alten Mädchens in einer Mutter-Kind-Einrichtung. Für die Aufarbeitung des Falles soll eine Expertenkommission beauftragt werden. <link http: www.gruene-neukoelln.de neukoelln aktuellemeldungen einzelansicht article _blank nach kindstod in>Darüber hinaus forderte die Grünen Fraktion eine bessere Ausstattung der Jugendhilfe im Bezirk, die von außergewöhnlich hohen Fallbelastungen betroffen ist. "Die 500.000 Euro, die für den kommenden Haushalt in diesem Bereich vorgesehen waren, müssen freigegeben werden und dürfen nicht länger unter dem Sparvorbehalt zurück gehalten werden" sagte Jochen Biedermann, Grünes Mitglied des Jugendhilfeausschusses. Mit dem Geld können acht Sozialarbeiterstellen besetzt werden. 

Bezirksstadt Falko Liecke (CDU) informierte die Bezirksverordneten darüber, dass sich der Vater des Mädchens in Untersuchungshaft befinde. Auch der Träger dürfe bis zum Ende der Aufklärung des Todes keine Fälle mehr behandeln. Neben dem LKA und der Staatsanwaltschaft ermittele auch das Jugendamt selbst. Eine unabhängige Expertenkommission soll zudem klären, ob ein Verschulden des Jugendamtes vorliegt. In welchem Verhältnis die bezirkliche Untersuchungskommission zu den Bemühungen von Land und Staatsanwaltschaft stehen sollte, konnte der Stadtrat hingegen nicht erklären.

In einer weiteren großen Anfrage bat der Grüne Bezirksverordnete Jochen Biedermann das Bezirksamt um Auskunft über den geplanten Bau eines Sammellagers für Flüchtlinge. In seiner Antwort bestätigte Sozialstadtrat Bernd Szczepanski (Grüne), dass das Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) die Möglichkeiten prüfe, in der Kanalstraße eine Gemeinschaftsunterkunft in Containerbauweise zu errichten. Die Einrichtung soll für die nächsten zwei Jahre Platz für Asylbewerber_innen bieten. Ab 2014 würde an gleicher Stelle ein Erweiterungsbau der Clay-Schule entstehen. Derzeit verfüge das Grundstück nach Kenntnisstand des Bezirksamtes über keinerlei Anschlüsse, um Bewohner_innen mit Wasser, Abwasser, Strom und anderen zu versorgen. Der Bedarf nach einer kurzfristigen Erweiterung der Wohnkapazitäten für Flüchtlinge sei wegen der steigenden Flüchtlingszahlen jedoch unausweichlich. Die Grüne Fraktion mahnte eine menschenwürdige und integrationsförderliche Unterbringung an. Sammelunterkünfte an abgelegenen Orten verhindern eine gute Versorgung und Integration der Flüchtlinge. Die Bemühungen, Flüchtlinge möglichst schnell in eigenen Wohnungen unterzubringen müssen deshalb verstärkt werden.

Die letzte große Anfrage, die auf der BVV behandelt wurde, kam vom CDU-Abgeordneten Gerrit Kringel. Er erkundigte sich beim Bezirksamt, inwiefern so genannte "Zweit- und Drittfrauen" auf Staatskosten leben. Kringel bezog sich damit auf Presseberichte, wie etwa der Berliner-Kurier-Artikel <link http: www.berliner-kurier.de kiez-stadt _blank>"Polygamie auf Staatskosten" vom 7. September 2012. Darin bezieht sich die Neuköllner SPD auf vermeintliche Hinweise von Behördenmitarbeiter_innen, wonach (nach islamischem Recht verheiratete) "Zweit- und Drittfrauen" gegenüber dem Sozialamt vorgeben, alleinerziehende Mütter zu sein. Obwohl sie in häuslicher Gemeinschaft mit dem Vater lebten, bezögen sie als eigenständige Bedarfsgemeinschaft Hartz IV. 

In den Vorbemerkungen seiner Antwort machte Bezirksstadtrat Bernd Szczepanski jedoch auf sachliche Weise klar, dass die behördliche Praxis der Jobcenter Bigamie und Polygamie nicht anerkennt. Es gäbe keine Kategorie für "Zweit- und Drittfrauen" bei der Beantragung von Sozialleistungen. In der Regel wohnten nach islamischen Recht verheiratete Zweit- oder Drittfrauen in jeweils anderen Wohnungen, gegebenenfalls mit ihren Kindern. Sie bildeten eigenständige Bedarfsgemeinschaften, die ein Recht auf Sozialhilfe hätten. 

Laut Szczepanski sei der Begriff der "Zweit- und Drittfrauen" in der Anfrage des CDU-Abgeordneten Kringel zudem irreführend: Der Koran erlaube bis zu vier Ehefrauen und im Bhutan hätten Frauen die Möglichkeit, bis zu zwei Ehemänner zu besitzen. Unklare Ehe- und Lebensverhältnisse bezögen sich keinesfalls nur auf den islamischen Raum, auch die deutsche Lebenswirklichkeit sei vielfältig geworden. Erkenntnisse über Fälle von Sozialmissbrauch durch Zweit- oder Drittfrauen seien nicht vorhanden. Szczepanski bat die Neuköllner SPD um die Weitergabe entsprechender behördlicher Erkenntnisse, wie sie in den Medien erwähnt wurden.

Die Grüne Fraktion verurteilte die Anfrage des CDU-Abgeordneten Kringel als offen diskriminierend. Der Islam werde darin stigmatisiert: "Die Anfrage ist Schwarz-Weiß-Malerei. Sie fragt keine Fakten ab, sondern verfestigt Vorurteile gegenüber einer ganzen Religionsgemeinschaft", sagte Mahi Christians-Roshanai. Nachdem der Linken-Abgeordnete Thomas Licher die CDU kritisierte, den Rechtsextremismus in die Mitte der Gesellschaft zu tragen, und zwar mit einer Anfrage, die auch hätte von der Partei Pro Deutschland stammen können, wurde auf Initiative der CDU der Ältestenrat einberufen und die BVV-Sitzung vorzeitig beendet - ganze zwei Minuten vor dem regulären Ende.

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Termine Oktober

  • Treffen der AG Migration/Integration: Di., 09.10.2012, um 18:30 Uhr in der Grünen Geschäftsstelle, Berthelsdorfer Str. 9, 12043 Berlin 
  • Vorstandssitzung: Di., 09.10.2012, um 19 Uhr in der Geschäftsstelle
  • Treffen der AG Soziales: Mi., 10.10.2012, um 19 Uhr in der Geschäftsstelle
  • Treffen der Bezirksgruppe: Di., 16.10.2012, um 19 Uhr in der Geschäftsstelle. Unter anderem mit Renate Künast. 
  • Seminar der Grünen Jugend Berlin: Sa., 20.10.2012, von 10:30 Uhr bis 19:30 Uhr. Thema: "Rassismus, die Gesellschaft und ich." Mehr Informationen: <link http: www.gj-berlin.de seminar-rassismus-die-gesellschaft-und-ich _blank der grünen jugend>www.gj-berlin.de/seminar-rassismus-die-gesellschaft-und-ich/
  • Vorstandssitzung: Di., 23.10.2012, um 19 Uhr in der Geschäftsstelle
  • Öffentliche Sitzung der BVV Neukölln: Mi., 31.10.2012, um 17 Uhr im Rathaus Neukölln, BVV-Saal, Karl-Marx-Str. 83, 12040 Berlin; die Tagesordnung ist etwa eine Woche vor der Sitzung einsehbar unter <link http: www.berlin.de ba-neukoelln bvv-online allris.net.asp _blank>www.berlin.de/ba-neukoelln/bvv-online/allris.net.asp
  • Die Termine der einzelnen BVV-Ausschüsse sind auf den Seiten des Bezirksamtes zu finden: <link http: www.berlin.de ba-neukoelln bvv-online au010.asp _blank>www.berlin.de/ba-neukoelln/bvv-online/au010.asp