Decolonize Neukölln!

Am 1.10.2019 hat die Mitgliederversammlung von Bündnis 90/Die Grünen Neukölln einstimmig den folgenden Antrag "Decolonize Neukölln! Postkoloniales Erinnern im Bezirk" auf Initiative von Meret Weber (Grüne Jugend Neukölln), Philmon Ghirmai (Vorstandssprecher Grüne Neukölln), Bernd Szczepanski (Fraktionsvorsitzender der Grünen Fraktion in der BVV Neukölln), Susanna Kahlefeld (MdA) und Daniel Wesener (MdA) beschlossen: 

"100 Jahre nach dem formalen Ende des deutschen Kolonialismus werden in Neukölln noch immer deutsche Kolonialakteure geehrt: sei es in Form von Straßennamen oder durch das koloniale Ehrenmal auf dem Garnisonsfriedhof, welches der Soldaten gedenkt, die in Namibia gefallen sind. Eine umfassende kritische Aufarbeitung dieser Epoche, die der Opfer deutscher Kolonialgewalt und -herrschaft, des Genozids an den Ovaherero und Nama sowie antikolonialen Akteur*innen aus den ehemaligen Kolonien in Würde gedenkt, steht nach wie vor aus. Daher fordern wir:

  • die Umbenennung der Woermannkehre in Neukölln nach einer afrikanischen oder Schwarzen deutschen Person des antikolonialen oder antirassistischen Widerstands
  • die Neugestaltung des kolonialhistorischen Gedenkensembles auf dem Garnisonsfriedhof am Columbiadamm unter der Einbeziehung von Vertreter*innen diasporischer Gruppen, Berliner Organisationen mit dekolonialer Ausrichtung sowie von Nachfahren der Ovaherero und Nama, der Opfer des Genozids von 1904-1908
  • die Durchführung kolonialismuskritischer Museumsprojekte durch das Bezirksmuseum Neukölln, auch indem vorhandene Mittel aus dem Landeshaushalt abgerufen und sonstige Fördergelder eingeworben werden

Begründung:

Eine tiefgreifende Aufarbeitung der deutschen und europäischen Kolonialvergangenheit steht in Deutschland noch immer aus. Dabei ist diese zwingend notwendig, nicht zuletzt, weil Kolonialismus bis heute fortwirkt. Sei es beispielsweise durch das Fortdauern kolonialrassistischen Gedankenguts, durch vorherrschende exotisierende und abwertende Afrikabilder oder durch die aus kolonialen Herrschaftsstrukturen entstandenen ungleichen globalen Handelsbeziehungen. Im Zuge der Aufarbeitung stehen aber nicht nur die bundes- und landespolitische Ebene in der Pflicht – beispielsweise im Falle von Reparationszahlungen, Rückgabe von geraubten Museumsobjekten und menschlichen Gebeinen oder in Hinsicht auf wissenschafts- und bildungspolitische Fragestellungen – sondern genauso die Berliner Bezirke. Dies gilt im Besonderen für die Dekolonisierung des öffentlichen Raums – u.a. durch die Umbenennung von kolonialpropagandistischen Straßennamen. Neben der Wissmannstraße, deren Umbenennung in dieser Wahlperiode bereits durch die BVV Neukölln beschlossen worden ist, gilt dies auch für die Woermannkehre."